Microsoft: Kunden müssen für Dual Core nicht doppelt bezahlen
Dual Core ist nicht die erste technische Neuerung bei Halbleitern aber sie sorgt für viel Wirbel und Verwirrung bei der Lizenzierung
Mit den Ankündigungen von namhaften Herstellern wie AMD oder Intel künftig die Leistung mit der sogenannten Dual-Core-Technologie steigern zu wollen, wuchs bei den Anwendern die Unsicherheit, wie Softwarehersteller diese Prozessoren lizenzieren wollen. Jetzt hat Microsoft angekündigt, Dual-Core-Chips nicht mit zwei Lizenzen zu berechnen. Bei der Technologie rechnen auf einer CPU zwei Prozessorkerne und da die meisten Suiten nach Prozessoren berechnet werden, sehen sich die Geschäftskunden bereits in Kalamitäten. Damit stellt sich Redmond an die Seite von Novell Suse Linux. Das Unternehmen will ebenfalls nur einen Prozessor berechnen. Die ersten Server-Chips mit zwei Kernen werden aller Wahrscheinlichkeit von AMD in der Mitte des nächsten Jahres kommen.
Die Ankündigung von Microsoft, Multiprozessoren als einen Chip abzurechnen, dürfte sowohl den Chipherstellern als auch Anwendern und Partnern einige Last von den Schultern genommen haben. Für Windows-Betriebssysteme erscheint ein Dual-Core-Prozessor, wie eine Hardwareplattform mit zwei CPUs. Und doch kündigt Microsoft an, wohl auch in Hinblick auf die Konkurrenz, dass auch Prozessoren mit mehr als zwei Kernen künftig nur als ein einzelner Prozessor gelten sollen. Das sagt Andy Lees, Vice President bei Microsoft.
Microsoft lizenziert vor allem Server-Produkte per CPU, wie etwa den SQL-Server oder Windows Server 2003. Der Hersteller erklärte, dass die Beibehaltung des ‘per Prozessormodells’ ungeachtet der Leistung des Chips die Preise für Anwender und Partner vorhersagbarer und konsistenter mache. Die Zusage von Microsoft wird in der Industrie und von Analysten positiv aufgenommen. In gewisser Weise ist das Lizenzmodell Microsofts eine Art Rabattschlacht gegen andere Anbieter, die aus der neuen Technologie Kapital schlagen wollen.
Hätte Microsoft wie beispielsweise Oracle und IBM Software auf Dual-Core-Servern künftig mit zwei Lizenzen berechnet, hätte das die Einführung der neuen Technologie sicherlich stark behindert, die bis zu 60 oder 70 Prozent Leistungssteigerung verspricht. “Eine Einteilung der Lizenzen in Leistungsklassen wäre eine echte Fortschrittsbremse”, erklärte ein IT-Leiter eines mittelständischen Unternehmens gegenüber silicon.de.
Und auch bei den Chipherstellern ist ein Aufatmen hörbar. “Würde sich Microsoft anders verhalten, würde das die Dinge für uns sehr viel schwerer machen”, erklärte ein Intel-Sprecher gegenüber US-Medien. Lange hatten Chiphersteller wie Intel oder AMD vor allem auf eine Steigerung der Taktrate gesetzt. Wie das Beispiel des Pentium 4 mit 4,0 GHz von Intel zeigt, sorgt diese Art der Performance-Steigerung aber auch für starke Abwärme. So beschreiten die Entwickler jetzt andere Wege, um die Leistung der Halbleiter zu steigern.
Ein einheitliches industrieweites Konzept fehlt bislang völlig und mit der neuen Technologie werden neue Lizenzmodelle den ohnehin dichten Lizenzdschungel weiter verfilzen lassen. Zusätzliche Probleme lauern auch hinter anderen neuen Technologien wie Virtualisierung oder HyperThreading.
Oracle will ungerührt weiterhin pro Prozessorkern eine Lizenz einfordern. Dem Anwender einer Datenbank der Enterprise-Klasse entstehen bei Performance-Zuwachs beim Einsatz eines Dual-Core-Prozessors von etwa 60 Prozent Doppelte Lizenzkosten, was in diesem Fall 80.000 Dollar Ausgaben bedeutet. Ab 2007 will der Hersteller Intel auch Multi-Prozessor-Xeons auf den Markt bringen. Spätestens dann werden High-Performance-Anwender mit den Oracle-Datenbanken ein Problem haben. Allerdings auch Oracle wird nicht mehr ganz sorgenfrei sein, denn der Konkurrent SAP bemisst seine Datenbank-Lizenzen nicht per CPU, sondern relativ zum Wert der Anwendung. Bea Systems, ein Hersteller von Application Servern, erwägt derzeit noch halbe und Viertel-Lizenzen. Dazu hat sich Microsoft schon im Vorfeld dieser Ankündigung geäußert und erklärt, dass derartige Modelle nicht in Frage kommen.
Chiphersteller Intel hingegen will eine CPU als Prozessor per Steckplatz definiert wissen. Ungeachtet der Anzahl der Kerne oder der HyperThreading-Funktionalitäten, die auf dem Steckplatz untergebracht sind. Auch Hewlett-Packard und Sun Microsystems schlagen vor, nach Steckplätzen zu berechnen. Das Marktforschungs-Institut IDC unterstützt ebenfalls diesen Vorschlag. Das mag zwar in den Ohren der Anwender gut klingen, dürfte aber bei den Softwareherstellern auf wenig Gegenliebe stoßen. So empfiehlt doch das Wirtschaftsforschungsinstitut Gartner, möglichst performante CPUs einzusetzen, um eventuell Hardware- und auch Lizenzkosten einzusparen. Leistungsstärkere Prozessoren könnten also für Oracle und IBM Gewinneinbußen bedeuten.