Beratung und IT-Dienstleistung: Lieber Einzelleistungen oder Vieles aus einer Hand?

Weil fast alle Geschäftsprozesse zumindest teilweise von der IT abhängen, sollten neue Unternehmensstrategien frühzeitig mit der IT-Strategie in Einklang gebracht werden. Im Umgang mit dieser Thematik tun sich viele Unternehmen jedoch nach wie vor schwer, obwohl sie die Rolle der IT erkannt und – zumindest die größeren – durch einen CIO im Vorstand aufgewertet haben.
Das hängt häufig mit der Rolle der IT in den letzten Jahren zusammen.  Nachdem Unternehmen in den letzten drei Jahren vor allem in die Kostenreduzierung investiert haben, stehen nun wieder mehr Projekte unter dem Fokus von Effizienzsteigerung und Wachstum. Teilweise werden dabei verschobene Projekte nachgeholt, teilweise neue strategisch wegweisende Projekte umgesetzt. Der Hebel wird hier vor allem bei den Geschäftsprozessen angesetzt.

Doch während Kostensenkungsmaßnahmen kurzfristiger angelegt sind, zielt eine Effizienzsteigerung darauf ab, die Schlagkraft des Unternehmens nachhaltig zu fördern. Wenn beispielsweise bei einer Versicherungsgesellschaft die Bearbeitungsschritte bis zur Erteilung eines Versicherungsschutzes reduziert und durchgängig digital abgebildet werden können, sinkt nicht nur der interne Verwaltungsaufwand. Gleichzeitig gewinnen die Versicherungsagenten mehr Zeit für die Präsenz beim Kunden, weil Medienbrüche wegfallen. Aktiviert werden diese Potentiale in Geschäftsprozessen fast immer durch eine IT-Implementierung.

Die Grenzen zwischen Strategie- und IT-Beratung schmelzen

Diese Bedeutung der IT für effiziente Prozesse in den funktionalen Geschäftsbereichen hat die Anforderungen an Management- und IT-Beratungsunternehmen stark verändert. Managementberater müssen bereits in der Strategiephase der Projekte Fragen nach der Umsetzbarkeit innerhalb bestehender IT- und Software-Architekturen beantworten, damit die Projekte dann nicht in der Realisierungsphase scheitern. Aus diesem Grund setzen diese Beratungsunternehmen oft bereits in den Strategie-Teams erfahrene IT-Berater ein. IT-Beratungsunternehmen müssen im Gegenzug bei ihren Projekten über den Tellerrand der Technik hinausschauen und über Prozess-Know-how verfügen.

Die Erkenntnis, dass es sich kein Management- und Strategieberatungsunternehmen mehr leisten kann, die Umsetzbarkeit durch die IT zu vernachlässigen, hat dazu geführt, dass viele führende Managementberatungshäuser IT-Know-how in Form von Organisationseinheiten (Competence Center) aufgebaut oder in spezialisierte Tochterunternehmen ausgelagert haben. Beispiele sind Platinion als IT-Beratungstochter der Boston Consulting Group oder die Horváth IT-Management Consulting GmbH als Tochter von Horváth & Partners.

Diese Tochterunternehmen und Organisationseinheiten arbeiten in der Umsetzungsphase vor allem als Systemarchitekten oder Projektleiter. Für große Entwicklungsprojekte und aufwändige Implementierungen fehlen meist die personellen Ressourcen, was durchaus beabsichtigt ist. Bei der IT-Strategieberatung scheinen die meisten Managementberatungen eine natürliche Grenze ihrer Tätigkeit zu sehen. Schließlich liegt ihr Fokus weiterhin auf den klassischen Themen wie Strategie, Organisation, Personal, Logistik oder Marketing. Man könnte in Bezug auf die IT-Umsetzung sagen: “Plan, help to build, run yourself.”

Ein neuer Anbietertypus formiert sich

Große IT-Beratungsunternehmen und IT-Dienstleister rollen den Markt dagegen seit einiger Zeit von der IT-Seite her Richtung Unternehmensstrategie auf. Mit der Kompetenz aus der IT-Beratung, der Systemintegration und dem operativen Betrieb erweitern sie ihren Ansatz aus “plan, build, run” um die strategische Unternehmensberatung. Das Ziel: Sie wollen ihre strategischen Projekte stärker auf Nicht-IT-Vorstandsebene verankern und propagieren das Verschmelzen der Unternehmens- mit der IT-Strategie. Dafür bieten sie als Gesamtdienstleister einen Mix aus Management- und IT-Beratung, Realisierung, Outsourcing und Business Process Outsourcing aus einer Hand an.

Dieser Anbietertypus wird als ‘Business Innovation/Transformation Partner’ (BITP) bezeichnet, weil er eine langfristige Partnerschaft, eine unternehmerische Mitverantwortung und eine nachdrückliche Unterstützung für Kundenunternehmen durch Innovations- und Transformationsleistungen (also Änderungs- und Umwandlungsleistungen) anstrebt. Beispiele für diesen Anbietertypus sind IBM Business Consulting Services, Accenture, Capgemini, EDS, Hewlett-Packard oder auch Gedas und andere.

Was bedeutet das für die Anwender?

Anwenderunternehmen stehen viele Optionen offen, wie sie ihre anstehenden Herausforderungen lösen können. Sie können ihre Geschäftsprozesse in Eigenregie optimieren, mit Beratern zusammenarbeiten, Teilaufgaben auslagern oder ganze IT-Funktionen an einen Dienstleister outsourcen. In der Praxis werden sich die meisten für einen Mix aus diesen Möglichkeiten entscheiden.

Dabei erscheint der Ansatz, zusammenhängende Dienstleistungen oder komplette Dienstleistungssegmente aus einer Hand zu beziehen, aus Anwendersicht durchaus sinnvoll. Neben den bekannten Argumenten wie Kostenreduzierungen durch einen geringeren Aufwand im Abstimmungsprozess mit den Dienstleistungspartnern, Preisvorteilen durch Skalierungseffekte oder eine große Zukunftssicherheit ergeben sich weitere Vorteile. Beispielsweise reduzieren sich konzeptionelle Lücken zwischen der Planung, der Realisierung und dem Betrieb auf ein Minimum. Wenn der Dienstleister darüber hinaus bereit ist, teilweise unternehmerische Verantwortung zu übernehmen, wird ein weiterer Vorteil besonders deutlich: Hier bietet ein Dienstleister nicht nur alles aus einer Hand an. Er hält dafür auch den Kopf hin.

Ein Zusammenschmelzen der Grenzen zwischen der Strategie- und der IT-Beratung, wie es die BITPs anstreben, fördert den Dialog zwischen CIO und anderen Vorständen. Das ist zwar nur ein positiver Nebeneffekt. Er dürfte sich bei den Unternehmen jedoch als sehr wertvoll erweisen.

Silicon-Redaktion

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