Das Forum für IT-Trends aus Politik & Wirtschaft auf der Systems war am Freitag besser besucht als manch andere Halle. Der Grund: Es ging um die Zukunft der IT-spezifischen Ausbildung und ein Vertreter des Arbeitsamtes, zwei Hochschulleiter und der bayerische Wissenschaftsminister Thomas Goppel diskutierten die Frage, ob der Diplom-Ingenieur denn nun wirklich ausgedient habe. Die wenig kontrovers zusammengesetzte Runde sagte einhellig “Ja” zum neuen Bachelor- und Master-Studiengang in technischen Bereichen.
Thomas Goppel hält nicht viel vom Zögern der Abiturienten. “Bis 2010 wollen wir die Umstellung auf das neue Studiensystem in Einklang mit dem Bologna-Prozess angepasst haben, und zwar zu hundert Prozent”, sagte er. Bislang gebe es nur einige Hundert Absolventen nach den neuen Regeln im Semester. Nur 3,5 Prozent Akzeptanz, so sagt er, gebe es derzeit in Bayern für Bachelor und Master. “Diese Skepsis teilen die Studenten mit dem Mittelstand – was in Großunternehmen wie bei Siemens längst gang und gäbe ist, wird von Mittelständlern zunächst kritisch beäugt”, so Goppel. Mit einem eigenen Mittelstandsprogramm und einer Durchsetzungskampagne für die Studenten will der CSU-Mann für das neue Studium werben.
Marion Schick, Präsidentin der Fachhochschule München, ist dieser Entwicklung offenbar voraus und hat bereits jetzt in den meisten Fächern ihrer Hochschule die Möglichkeit zu Bachelor und Master eingeführt – mit gutem Ergebnis, wie sie andeutet, ohne Zahlen zu nennen. Vizepräsident Arndt Bode gibt ihr Recht und erklärt, wie er die neuen Studiengänge an der Technischen Uni München (TUM) einordnen will: “Der Bachelor öffnet alle Türen, doch der Master ist das Ziel.” Getreu diesem Motto soll der Bachelor als eine Art Schmalspurstudium einer fundierten Technikerausbildung ziemlich nahe kommen, aber höher bewertet sein – der Master soll dann dem heutigen Diplom, Magister und ähnlichem entsprechen. Er sieht die parallele und schnelle Einführung, wie sie Marion Schick von der FH pflegt, als problematisch an. Die Akzeptanz werde durch das Nebeneinander von Alt und Neu nur gestört.
Auch Arbeitsamt-Manager Hans-Werner Walzel hat bei den Informationssuchenden in seinem Bereich beobachtet, dass die Unsicherheit groß ist, solange das Neue das Alte noch nicht überwunden hat. Dies beobachtet er auch in den Personalabteilungen der Industrie. Meist werde die Entscheidung über eine Neueinstellung eines qualifizierten Absolventen nur in Zusammenarbeit mit den jeweiligen Fachabteilungen getroffen. Und hier, so Wenzel, sitzen “die Ingenieure”. Viel Verwirrung darum, ob die Technikausbildung nur weil sie einen anderen Namen trägt auch besser sei hat er dort beobachtet.
Nicht so beim Großkonzern Siemens, einem der größten Arbeitgeber in Bayern. Frank-Stefan Becker ist Leiter des offenbar bei diesen Personaldimensionen benötigten Bereichs Bildungspolitik bei der Siemens AG und er sagt: “Unser Fokus liegt auf einer jungen, gut qualifizierten Ingenieursgruppe – schließlich stellen wir im Jahr 9500 bis 10.000 neue Leute ein.” Von diesen gehe der Großteil in den Vertrieb. Doch auch dort, so Wenzel, sei immer mehr Expertise in der Techniktiefe gefragt. Hier kommt für ihn der Bachelor als idealer Ausbildungsweg zum Tragen. “Wir haben in den vergangenen drei Jahren fünfmal so viele Techniker und Ingenieure in den Vertrieb gesteckt wie zuvor, und dieser Trend wird weiter anhalten”, sagt Becker. Daher stehe Siemens hinter den Plänen des Staatsministers.
Goppel will nun an der Akzeptanz für seine, scherzhaft von ihm so genannte ‘Agenda 2010’ arbeiten. “Gerade in Zeiten von Outsourcing und internationaler Flexibilisierung brauchen wir eine internationale Ausbildung für den internationalen Einsatz; aber noch ist die Kenntnis über die Möglichkeiten gering und daher das Zögern groß.” Studenten und Industrie sollen die neuen Abschlüsse jetzt lieben lernen – über die Qualität dieser Ausbildung hat keiner der Podiumsteilnehmer ein Wort verloren.
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