Ihre Aufgabengebiete sind klar abgesteckt, deshalb kommen sie sich auch selten in die Quere. Freie arbeiten projektbezogen für den Mittelstand. Outsourcer übernehmen komplexe Aufgaben, einschließlich deren Verantwortung, meist für große Unternehmen. Doch zuehmend gehören IT-Dienstleister zu den Auftraggebern von Freien. Auch sie wollen entsprechend der Auftragslage flexibel reagieren können, ohne sich Personal fest ans Bein zu binden.
Bernhard Schneider ist Finanzvorstand der Sachsenring Zwickau AG. Um den Job ist er eigentlich nicht zu beneiden, denn er ist in dem insolventen Unternehmen für nicht vorhandenes Geld verantwortlich. Doch das Geschäft läuft nicht schlecht. Das Unternehmen, entstanden aus den ehemaligen Trabi-Werken, hat Aufträge und scheint wieder auf die Beine zu kommen.
“Wir produzieren im wesentlichen Fahrwerkskomponenten”, berichtet Schneider. Der finanziell bedeutendste Kunde derzeit ist VW, aber auch für Opel und BMW wird in Zwickau gearbeitet. In Schneiders Verantwortung liegt es vor allem, Geld zu sparen. Im Bereich der IT setzt er dabei auf Outsourcing und Freie. “Aus Gründen der Wirtschaftlichkeit habe ich keine Probleme, Arbeiten nach Außen zu geben”, so der Finanz-Chef.
Zudem, und das gibt er offen zu, hat ein insolventes Unternehmen Schwierigkeiten am Arbeitsmarkt, festes Personal zu bekommen. Im vergangenen Jahr hat die Sachsenring AG den SAP-Betrieb ausgelagert. “Wir wollten die Verantwortung für den Betrieb und die Verfügbarkeit abgesichert haben”, begründet Schneider die Entscheidung. Der Vorschlag dafür kam von Jürgen Tilz, als freiberuflicher Interimsmanager zuständig für die IT in Zwickau.
Beide, Freiberufler wie auch Outsourcer, profitieren von der wirtschaftlichen Krise in der IT. Die Meta-Group erwartet im Outsourcing-Markt 2004/2005 ein Wachstum von mehr als zehn Prozent. Dabei weist das Segment innerhalb der IT-Dienstleistungen die höchsten Wachstumsraten auf. “Die Auftragslage für Freie ist deutlich besser geworden”, sagt Karl Trageiser, Geschäftsführer von Gulp, einer Jobbörse und Personalagentur für selbständige IT-Fachleute. 53.000 Freie stehen in der Datenbank von Gulp. “Projekte werden wieder gestartet, das ist ganz eindeutig”, berichtet der Geschäftsführer über die Arbeitsmarktlage von freiberuflichen IT-Fachleuten.
Der Zuwachs an Arbeit komme aber nicht nur aus den Projekten, die wieder anlaufen, sondern vor allem, weil die Unternehmen derzeit lieber mit Freien zusammenarbeiten würden, als Personal fest einzustellen, meint Trageiser. “In der Krise haben die Unternehmen gelernt, dass Mitarbeiter abgebaut werden müssen, wenn Aufträge und damit Einnahmen ausbleiben”, so der Gulp-Geschäftsführer. Freiberufler muss man nicht entlassen, deren Arbeit ist nach Projektabschluss meist beendet. Aufgrund dieser Erfahrung hätten Unternehmen den Anteil an Freiberuflern aufgestockt und die Zahl der Festangestellten reduziert.
Aus zweierlei Gründen werden nach Trageisers-Ansicht Freie beschäftigt: um Lastspitzen abzufedern und wenn externes Know-how benötigt wird, das im eigenen Hause nicht vorhanden sei. “Bei kleineren und mittleren Projekten mit bis zu zehn Mannjahren nimmt man eindeutig Freiberufler, bei Großprojekten Outsourcer”, zieht der Gulp-Mann die Trennlinie.
Was man auf keinen Fall nach Außen geben sollte, seien unternehmenskritische Dinge, rät er, auch nicht an einen Freien. So seien Freie die richtigen, wenn es darum gehe, neue Software zu entwickeln, Programme und Anwendungen zu implementieren, Schnittstellen zu schreiben und die Kundschaft beratend bei neuen Anwendungen zu unterstützen. Andererseits bleibt den Unternehmen keine Wahl, wenn sie ihr Rechenzentrum extern vergeben wollen. “Das kommen sie an einem IT-Dienstleiser nicht vorbei”, so Trageiser.
Aber nicht nur Anwenderunternehmen, sondern auch Outsourcer greifen verstärkt auf Freie zurück. “Große IT-Dienstleistungsunternehmen besetzen bei ihren Projekten bis zu einem Drittel der Mitarbeiter mit Freien”, weiß Trageiser. Bis vor etwa drei Jahren lag die Quote bei 20 Prozent. Die Gründe seien dieselben wie in den Anwenderfirmen: flexibel auf die Auftragslage reagieren, ohne Personal ein- und dann eventuell wieder ausstellen zu müssen.
Diese Wellen kennt Freiberufler Jürgen Tilz nur allzu gut. Der 51-jährige Diplom-Ingenieur hat Nachrichtentechnik studiert, war über zehn Jahre in Führungspositionen der IT-Beratung und ist seit drei Jahren freiberuflich in der IT tätig. Vom Grundsatz her, so meint Tilz, seien Freie und Outsourcer direkte Konkurrenten. In den vergangenen drei Jahren sei der Markt extrem eng geworden. Die großen Beratungshäuser hätten 10.000 Leute abgebaut, von denen sich viele selbständig gemacht hätten, die nun am Markt dieselbe Leistung anbieten würden, die sie als Festangestellte für ihren früheren Arbeitgeber erledigten.
“Das führt zu einer starken Wettbewerbssituation”, so Tilz. Ein großer Vorteil dieser Leute aus den großen Beratungshäusern sei, dass sie gute Beziehungen hätten, hin zu ihren früheren Kunden wie auch zu ihrem früheren Arbeitgeber, für den sie als Freier nun von großer Bedeutung sind. Doch dem gegenüber stehe die große praktische Erfahrung all der anderen Freien. “Die kommen viel herum und lernen dabei sehr viel, nicht nur was die Skills betrifft, sondern auch wie man Projekte erfolgreich anpackt”, spricht er stellvertretend für die Zunft.
Generell könne man davon ausgehen, dass im Mittelstandsbereich eher freiberufliche Kräfte eingesetzt werden, als dass der Auftrag an ein großes Beratungshaus gegeben wird. “Der Freie ist immer günstiger, als ein Unternehmen, das eben auch die Verantwortung mit übernimmt”, weiß er aus langjähriger Erfahrung. So war es auch bei seinem derzeitigen Auftraggeber, der Sachsenring AG. Weil das IT-Know-how im Unternehmen vorhanden war, wurde nicht komplett nach Außen verlagert. So ging etwa der SAP-Betrieb an Gedas, die IT-Projektleitung wurde ihm übertragen.
In einigen Jahren, so meint Tilz, würden Freie und Outsourcer ohnehin verschmelzen. “Hinter IT-Dienstleistern werden mittelfristig Freie stecken, die sich für bestimmt Projekte in einem Netzwerk zusammenschließen, um die Aufgaben abzuarbeiten”, so seine Vorstellung. Danach trennen sich die Leute wieder, jeder geht seine eigenen Wege, bis diese sich beim nächsten Auftrag wieder kreuzen. Die Firmen werden davon überhaupt nichts mitbekommen, weil als Auftragnehmer eine fiktive Firma nach Außen auftritt. Wer die Arbeit schließlich machen werde, sei für die Unternehmen ohnehin nicht wichtig. “Hauptsache die Sache funktioniert”, prophezeit Tilz.
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