Microsofts Magellan segelt zu den Kleinunternehmen

Obwohl die Office Suite für die meisten Kleinunternehmen überdimensioniert ist, glauben viele nicht an Alternativen. Bald kommt eine zum Masseneinsatz, aber die ist auch von Microsoft.

Das gewohnte Look & Feel im Unternehmenseinsatz bei Kleinfirmen soll erhalten bleiben, der Preis sinken und der Funktionsumfang besser an die Bedürfnisse der Klientel angepasst sein – mit diesen Argumenten wirbt Microsoft schon jetzt für seine erst Anfang 2005 kommende Office Suite für Kleinunternehmen. Mit Mitarbeitern bis zu etwa 60 Mann sollen die Kunden zu Microsoft kommen. Der Clou: Die Software soll auch Buchhaltung können.
Doch das Feld ist vor allem in den USA bereits beackert: Intuit hat eigenen Angaben zufolge dort mehr als die Hälfte der Marktanteile. Salesforce.com und NetSuite bieten ein preislich günstiges subskriptionsbasiertes Web-Angebot innerhalb ihrer Kundenbeziehungs-Management-Lösungen.

Für Microsoft ist es dennoch ein lohnender Angriff, schließlich ist die Klientel millionenfach vorhanden. Allein eine unternehmenseigene Zählung in den USA hat ergeben, dass 12,7 Millionen potentielle Kunden von den Microsoft-Vertretern abgeklappert werden könnten. Nach Geschäftsberichtsvergleichen der letzten Quartale macht Microsoft derzeit etwa 80 Prozent seines Umsatzes bei Geschäftskunden und hiervon fallen 40 Prozent auf Großunternehmen und jeweils etwa 20 Prozent auf Mittelstand und Kleinunternehmen.

Um die letzte Gruppe will sich der Softwarekonzern offenbar noch mehr kümmern und hat jetzt speziell für die Firmenentscheider, die ihre Finanzgeschäfte im Haus und eigenhändig erledigen müssen, eine Arbeitshilfe eingebaut. Auch deshalb steht das Intuit-Flaggschiffprodukt ‘Quickbooks’ in der Schusslinie des neuen Produktes. ‘Magellan’, wie das Microsoft-Produkt genannt wird, hat eigene Anwendungen für Buchhaltung und auch für Gehaltskalkulation.

Die letztere Funktion beruht auf einer engen Zusammenarbeit mit dem Softwarehersteller Automatic Data Processing (ADP) und seiner Produkt- beziehungsweise Dienstleistungsreihe Small Business Services. Von Microsofts Office-Lösung aus sollen die Kunden per Link auf die Funktionalitäten der Softwarespezialisten zugreifen können. Sie erhalten unterschriftsreife Steuerabrechnungsformulare sowie integrierte Finanzkontrollfunktionen und Überweisungshilfen.

Die Zusammenarbeit mit dem Unternehmen ADP, das auch in Deutschland unter neugegründeten und alteingesessenen GmbHs sehr verbreitet ist, soll dabei nicht die letzte gewesen sein. So sagte AMR-Analyst Bruce Richardson gegenüber der US-Presse, dies könne nur die erste Kooperation dieser Art für Microsoft sein aber nicht die letzte. Er kann sich sehr gut vorstellen, dass Microsoft auch mit Citibank, American Express und anderen solche Arrangements trifft und die Microsoft-Lösung so peu á peu zur bestimmenden Suite mit Zugang zur Abrechnung werden könnte.

Steven Guggenheimer, Vice President für die Geschäfte mit Kleinunternehmen bei Microsoft, bringt die marktwirtschaftlichen Überlegungen für Microsoft so auf den Punkt: “Die Verkaufsanteile für Office sind im Geschäft mit Kleinunternehmen um 20 Prozent weltweit gestiegen.” Daher wolle Microsoft auch diesen Markt besser bedienen. Schließlich sind nach weltweiten Schätzungen 98 Prozent aller Unternehmen solche Firmen mit 500 und weniger Mitarbeitern, zitiert er ökonomische Studien.

Orlando Ayala, Senior Vice President der Small- and Mid-Market Solutions and Partner Group bei Microsoft, sagt: “Der Input unserer Kunden war immens wichtig, um die Anforderungen zu verstehen, die heute den Alltag vieler kleiner Unternehmen prägen. Nur durch diesen direkten Draht zum Kleinbetrieb konnten wir sicherstellen, dass das neue Produkt die Arbeitsweisen der vielen tausend Kleinbetriebe reflektiert. Die Ankündigung unterstreicht einmal mehr unser Engagement im Bereich kleiner Unternehmen.”

Die neue Edition richtet sich auch an die Microsoft-Partner, die somit die Akzeptanz von Technologielösungen in diesem Markt erhöhen sollen. Microsoft sieht bereits eine positive Entwicklung der regionalen Wirtschaftsräume wegen dieser neuen Aussichten. Die Partner müssen aber erst noch Arbeit in die neue Lösung stecken, das hat Microsoft augenscheinlich schon hinter sich.

Die letzten 18 Monate hat sich der Konzern darauf konzentriert, die Kleinunternehmen besser zu bedienen. Und das Ergebnis ist eine erste Kooperation zweier Microsoft-Abteilungen: Die Zuständigen für Office und für Business Solutions haben Unternehmensangaben zufolge zusammen an der Software gearbeitet. Dafür hat sie jetzt auch Updates von Outlook und den neuesten Business Contact Manager an Bord. Dabei ist die vorerst nach dem 1521 gestorbenen portugiesischen Seefahrer und Eroberer Ferdinand Magellan benannte Software nicht die erste.

Für Microsoft ist dies der zweite Anlauf, die Kleinunternehmen mit einer eigenen Office-Lösung zu ködern. Bis zum Ende des Jahrzehnts will der Konzern so 10 Milliarden Dollar Umsatzwachstum mit den kleinen Firmen verzeichnen. Ein Preis steht aber noch nicht fest. Und der Starttermin für Deutschland ist laut Microsoft “derzeit noch offen, wird aber zeitlich deutlich später erfolgen”.