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Outsourcing muss nicht immer den blauen Brief bedeuten

Outsourcing kann für die betroffenen Mitarbeiter fatale Folgen, aber auch positive Effekte haben. Die Spanne der Möglichkeiten reicht in praktizierten Outsourcing-Deals von der Kündigung bis zu höherwertigen Aufgaben. Drei Fallbeispiele spiegeln die Praxis wider.
Michael Becker hatte von seinem Chef den Auftrag erhalten, die Kosten und die Mitarbeiterzahl seines Bereiches zu überprüfen und möglichst zu reduzieren. “Nach Prüfung aller Möglichkeiten lief es darauf hinaus, dass ich für meine Mitarbeiter und mich einen neuen Arbeitgeber suchen musste”, blickt Becker zurück. Ganz ungewöhnlich ist ein solcher Auftrag in diesen Tagen nicht. In diesem Fall kam aber hinzu, dass die Leute ihre Arbeit gleich mitnehmen sollten, wenn sie gehen, und die war nicht unbedeutend.

Becker war damals Leiter der Lohn- und Gehaltsabrechnung bei Autoliv. Das Unternehmen ist ein international tätiger Automobil-Zulieferbetrieb im Bereich des Insassenschutzes wie Sicherheitsgurte und Airbags mit sechs Standorten und 3200 Mitarbeitern in Deutschland, weltweit sind es 30.000. Becker wurde auch schon bald fündig und erfüllte damit zur vollen Zufriedenheit seines ehemaligen Arbeitgebers den Auftrag. “Zum 1.12.2003 hat die gesamte Lohn- und Gehaltsabrechnung einschließlich Menschen und Aufgaben von Autoliv zu BFD gewechselt”, fasst er zusammen. BFD ist Spezialist für Outsourcing in Personalangelegenheiten.

Eine neue Karriere

Zwei der ehemals sieben Autoliv-Lohn- und Gehaltsabrechner gingen von der Dachauer Niederlassung zu BFD nach München. “Zu fünft haben wir den neuen BFD-Standort in Hamburg gegründet”, berichtet deren Leiter Michael Becker. Noch immer würden die Lohn- und Gehaltsabrechnungen der ehemaligen Kolleginnen und Kollegen von Autoliv erledigt. Aber auch neue Auftraggeber sind im Laufe des Jahres dazugekommen. Becker meint, die Arbeiten würden nun effektiver sein und “weil neue Auftraggeber hinzukamen, haben die Mitarbeiter eine breitere Wissensbasis.” Bei der Entscheidung für BFD sei ein wichtiger Punkt gewesen, dass die Mitarbeiter nach Abschluss des Vertrages nicht auf der Strasse stehen, so der Niederlassungsleiter.

Ein Jahr lang ist den Ehemaligen von Autoliv garantiert, dass sie nach den alten Vertragsbedingungen zu behandeln sind, beispielsweise beim Gehalt und dem Kündigungsschutz. Danach wird neu verhandelt. Doch schon jetzt ist klar, dass alle bei ihrem neuen Arbeitgeber bleiben wollen. Grundlegendes werde sich in den neuen Arbeitsverträgen nicht ändern, meint Becker, außer dass es keine Einmalzahlungen wie Weihnachts- oder Urlaubsgeld gibt, weil die in die BFD-Jahresgehälter eingerechnet seien.

“Grundsätzlich gibt es drei Möglichkeiten, was mit dem Personal beim Outsourcing geschehen kann”, weiß Thomas Eggert, zuständig für den Vertrieb im Vorstand der BFD. Mitarbeiter kündigen von sich aus, oder der Mitarbeiter bleibt im Unternehmen, bekommt aber andere Aufgaben, oder ein Outsourcer übernimmt ganze Bereiche mitsamt den Beschäftigten, zählt er auf. Geregelt sei das im § 613 a des Bürgerlichen Gesetzbuches. Hier steht im ersten Satz: “Geht ein Betrieb oder Betriebsteil auf einen anderen Inhaber über, so tritt dieser in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen ein”.

Kündigung grundsätzlich möglich

Eggert gibt offen zu, ihm sei es am liebsten, wenn er Personal nicht mit übernehmen müsse und sich die Personalfrage durch Kündigung oder Umsetzung regeln lässt. Bei größeren Outsourcing-Deals aber wie Autoliv braucht er die Leute, “weil wir das Know-how nicht vom einen auf den anderen Tag aufbauen können”. Bei kleinen Kunden sei das durchaus möglich.

Eine gänzlich andere Lösung als bei Autoliv fand sich im Berliner Hotel Estrel, als die Estrel Hotelbetriebs-GmbH ihre Lohn- und Gehaltsabrechnung ebenfalls an BFD im Oktober 2003 auslagerte. “Wir haben zwei Mitarbeiterinnen betriebsbedingt gekündigt”, berichtet Annette Bramkamp, Personalchefin bei Estrel. Sie hätten keinen Teil ihres Betriebes, sondern lediglich eine Dienstleistung ausgelagert, so Bramkamp. “Und das rechtfertigt eine betriebsbedingte Kündigung”, weiß sie.

Normalerweise würde so etwas im Estrel vermieden, aber es habe eine besondere Situation geherrscht, die zu diesem Entschluss geführt hätte: Zwei ältere Mitarbeiterinnen waren im Estrel mit der Lohn- und Gehaltsabrechnung beauftragt. Weil die öfters längere Fehlzeiten durch Kuraufenthalte und Krankheiten hatten, konnte das Unternehmen nicht sicherstellen, dass Löhne und Gehälter termingerecht überwiesen wurden. Zudem sei das verwendete Programm nicht mehr zeitgemäß gewesen. “Mit der Auslagerung haben wir uns eines großen Problems entledigt”, so die Hotel-Personalchefin.

Chance auf bessere Position

Von der Hauptstadt nun nach München für den nächsten Fall. Das mittelständische Chemieunternehmen Baerlocher mit Hauptsitz in München, 800 Mitarbeitern, 13 Produktionsstandorten und 40 Niederlassungen weltweit, stellt Kunststoff-Additive her. Das sind kundenspezifische Zusätze, die Kunststoffen bestimmte Eigenschaften verleihen, oder überhaupt erst verarbeitbar machen. Baerlocher hat klassische Rechenzentrumsdienstleistungen an den Heilbronner IT-Dienstleister TDS ausgelagert. Und Baerlocher ist ein Beispiel für die dritte Möglichkeit, bei Outsourcing-Deals. “Die betroffenen Mitarbeiter haben nun innerhalb der IT-Abteilung wesentlich höherwertige Aufgaben”, erzählt Heinz Leyk, verantwortlich für das IT-Management bei Baerlocher.

Obwohl das Unternehmen expandieren will, soll die IT personell nicht wachsen, lautet eine Vorgabe der Geschäftsleitung. Weil Leyk seine 12,5 Mitarbeiter aber möglichst hochwertig auslasten will und international Aufgaben hinzugekommen sind, gibt er Teilaufgaben nach Außen. Etwa den Rechenzentrumsbetrieb für SAP-R/3 und das Archivsystem unter Ixos. Der Kollege, der bislang Ixos betreut habe, sei zwar immer noch Ansprechpartner für das System, koordiniere aber jetzt auch intern die Störungsbebebung.

“Im wesentlichen aber befasst er sich mit dem Aufbau einer Intranetplattform mit Workflow und Dokumentenmanagement anstatt Speicherplatten zu wechseln”, beschreibt Leyk die für den Mitarbeiter positive Entwicklung. Der R/3-Kollege kümmert sich nicht mehr um den Systembetrieb, sondern programmiere interne Web-Applikationen für die Produktion und bewege sich auf einer ganz anderen fachlichen Ebene, meint sein Vorgesetzter Leyk und ergänzt: “Das sehen die Leute übrigens auch selbst so.”

Silicon-Redaktion

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