Deutlich flexibler und damit bessere Geschäftsleute – so nennen die Produktmanager von Hewlett-Packard (HP) ihre Blade-Server-Kunden. Vor allem die, die sich für die ‘Proliant’-Reihe entschieden haben. Mit den neuen Servern sei ein großer Schritt auf dem Weg zum so genannten Adaptive Enterprise, das auf Veränderung flexibel reagieren kann, getan. Die Proliant-Familie soll die Wachstumsaussichten für die HP-Serverabteilung aber nicht zuletzt deshalb treiben, weil HP nun auch selbst immer weniger auf Itanium, sondern auf AMDs Opteron setzt.
“Der Itanium 4-Wege-Server ist momentan nicht so gefragt”, kommentiert Karin Beck, Senior Product Manager Industry Standard Server bei HP Deutschland. Sie stützt damit die Entscheidung vom September, das ehemals gemeinsame Projekt mit Intel zur Entwicklung der Itanium-Chips zunächst im Workstation-Bereich gänzlich zu lassen. Jetzt ist offenbar auch der Server-Bereich bei HP bald sehr Itanium-reduziert, und zwar desto weniger, je mehr sich die Blades weltweit horizontal und vertikal in den Märkten verbreiten. Laut Roadmap gibt es den Chip aber noch in der Baureihe, sofern gewünscht. Aber genau dies ist nach Becks Erfahrung nicht der Fall. Die technische Anpassung des etwas klobigen Bauteils für die schlanken Blade-Umgebungen wolle sich die Entwicklungsabteilung erst dann genauer ansehen, wenn der Bedarf da sei – “aber nicht ins Blaue hinein”.
Sie hat dafür den folgenden Erklärungsansatz: Gerade die kommende IT-Architektur erfordere ein Weggehen von Aufgaben-Silos. “Wir sehen die Arbeit mit sogenannten ‘Pooled and Shared’-Einheiten, die Einzelaspekte des Geschäftsprozesses abdecken sollen.” Darunter versteht HP Anwendungen und Prozesse wie Enterprise Resource Planning oder Customer Relationship Management und ähnliches. “Die virtuelle IT ist agil, flexibel und stufenlos skalierbar – dazu passt die Eigenschaft des Opteron, dass im Front-Side-Bus schon von der Chiparchitektur her kein Engpass entstehen kann. Das und die flexiblen 32/64-Bit-Fertigkeiten treiben die Nachfrage und deshalb haben wir AMDs Opteron in Zukunft für alle Systeme vorgesehen”, so Karin Beck. Hierfür seien sowohl die Akzeptanz wie auch die notwendige Nachfrage vorhanden. Beim Itanium sei die Frage auch technisch zu lösen – und wenn die Nachfrage da sei, sei es denkbar, auch den Itanium wieder öfter im Serverraum einzusetzen. “Das hängt von den Kunden ab, nicht von einem Business-Plan”, betont sie.
Allerdings gibt es Pläne bei HP, die fest stehen und die Nachfrage treiben sollen: Dazu gehört die Tatsache, dass ein nacktes Blade wenig Festplattenspeicher hat. Dies hat nach einer vor etwa 18 Monaten begonnenen und jetzt etwas lauwarmen Partnerschaft mit Speicher-Switch-Hersteller Qlogic zu einem Umbau der physischen Anordnung innerhalb des HP-Blades geführt, und zwar um eine vollständige Integration der Switches von Brocade zu ermöglichen. Diese technische Partnerschaft soll nicht die letzte gewesen sein. Umgekehrt spricht Brocade davon, dass HP nach IBM der zweite, aber bei weitem nicht der letzte Server-Partner im Blade-Bereich für die selbst ernannten SAN-Pioniere sei.
“Die Zusammenführung von SAN und der Blade-Bauweise in der Server-Infrastruktur reduziert die Verkabelung, die Einstiegskosten und die Betriebskosten, spart Steckplätze und Platz im Serverraum – das alles zusammen wird ‘Brocade inside’ zu einem ähnlichen Begriff machen wie das ‘Intel inside’ in der PC-Welt”, prognostiziert Ulrich Plechschmidt Regional Director Central Region von Brocade gegenüber silicon.de. Er spricht von 50 Prozent Kostenersparnis gegenüber herkömmlichen Kombinationen. “Blades sind gegenüber anderen Lösungen wie einem Standalone- oder einem Midrange-Server extrem hoch integrierbar, deshalb verbreiten sie sich so schnell – und etwa 70 Prozent der für Blades in Frage kommenden Umgebungen haben Marktforschern zufolge ein SAN von Brocade. Das heißt für uns, dass bald kein Blade-Hersteller mehr an uns vorbeikommen wird.”
Bis Mitte nächsten Jahres will der Manager die wesentlichen Hersteller als Technikpartner unter Dach und Fach haben. Voraussichtlich im zweiten Quartal 2005 gibt es dann den ersten optimierten und voll integrierten Fibre-Channel-Switch mit 4 Gbit Bandbreite für den Einsatz in HPs ‘BladeSystem’-Umgebungen zu kaufen. Die ProLiant Blade Server müssen bis dahin auch vollständig mit Brocades Fibre-Channel-Switch-Technologie kompatibel sein. ‘Best of Breed’-Infrastruktur heißt das dann im HP-Katalog. Storage, Networking und Clustering sollen so einfacher und besser ausgelastet vonstatten gehen.
Von der Bauweise her ist dabei die Fibre-Channel-Technik laut Karin Beck auch dann, wenn sie wie bei der aktuellen Reihe meist vorne im Chassis angebracht sein muss, über einfache Verkabelung rückführbar an die vorgesehenen Steckplätze. “Die etablierte Patch-Panel-Bauweise erlaubt nicht, dass hinten noch Platz ist, um optionales Anstecken von McData- oder Brocade-Switches zu ermöglichen, also führen wir den Anschluss physisch wieder nach hinten zur Backplane”, sagt die Server-Managerin.
Das robuste und gut durchdachte Backplane, das sich seit Jahren kaum baulich verändert hat und sich nach Aussagen von HP auch kaum optimieren lässt, ist allerdings keine HP-Erfindung: Die Technik geht auf Compaqs ‘Powerbar’-Reihe und das ‘cPCI’-Backplane zurück und sollte vor der Übernahme durch HP im Datenzentrum ihren Platz finden. Für HP war die Fusion mit Compaq nach Aussagen der Analysten von Illuminata deshalb vor allem auch in der Blade-Technik ein großer Gewinn. Ein großer Teil des weltweiten Blade-Marktes geht heute, so die Analysten Gordon Haff, Thomas Deane und Jonathan Eunice, auf die alte Compaq-Technik zurück.
Karin Beck von HP hat dazu bei genauer Betrachtung eine andere Meinung: “Der Blade ist die logische Weiterentwicklung unseres Standard-Servers von 1989.” Wichtiger als die Vergangenheit ist aber für sie die Zukunft: “Wir sind jetzt auf dem Weg zur automatisierten Serververwaltung.” Denn die Verdichtung der einzelnen Aufgaben innerhalb des Servers habe auch eine logische und technische Optimierung erfordert, auf die jetzt die neuen Geräte die Antwort seien. Manuell soll ein Austausch nur noch bei Migration oder Erweiterung erfolgen. Und auch die manuellen Befehle, die der Admin jetzt noch eingeben muss, sollen bald der Vergangenheit angehören. “Ob das Betriebssystem weiter oben Windows oder Linux heißt – das ist selbstredend egal”, betont sie.
“Wir haben vielmehr die Automatisierung von Prozessen zwischen den physischen und den virtuellen, sowie zwischen den einzelnen virtuellen Systemen im Auge und im ersten Halbjahr 2005 gibt es dazu mehr Neuigkeiten”, so Beck über die nächsten Schritte. Sie schwärmt dabei im Namen der Admins davon, dass sich die Blade-Strukturen wie auch die Nicht-Blade-Welt “heute und in Zukunft” bald über eine einzige Konsole administrieren lassen werden. Softwareseitig nähere sich die zunehmende Automatisierung an die Idee vom HPs Adaptive Enterprise an, sagt sie. Das heißt Vereinfachung, Zeit- und Kosteneffizienz durch verbesserte Tools und Schnittstellen in ‘OpenView’, ‘Integrated Lights Out (ILO)’, im ‘Insight Manager’, den Virtual Machines von VMware und Microsoft, sowie in Third-Party-Software und Werkzeugen aus der eigenen Forschung.
Und diese Forschung ist trotz des Zukaufs von Verwaltungsspezialist Consera, dessen Technik im nächsten Halbjahr unter neuem Logo eine Wiederauferstehung feiern kann, vor allem für die hauseigene Arbeit im Wachstumsmarkt Blade vonnöten. Schließlich sei die Firma, die sich als Nummer Eins auf dem Server-Markt nach verkauften Einheiten sieht, vom Gedanken eines einzigen Großsystems (‘Scale Up’) weggegangen und hin zum so genannten ‘Scale Out’, dem Einteilen der Serverlandschaft in viele kleine und modular aufgebaute Einheiten. “Die sind dann auch mit Hot-Swap-Funktionen ausgestattet, was den logischen Umbau der Systeme im Notfall oder bei Migrationen einfacher macht.”
Mit diesen Aktivitäten will das Unternehmen seinen Marktanteil, den IDC derzeit in der Region EMEA (Europe, Middle East, Africa) mit 40,4 Prozent beziffert, weiter ausbauen und die Rivalen Fujitsu Siemens Computers, Dell und IBM nicht herankommen lassen. Beck: “Bei uns lernen die Kunden, dass ein Blade nicht nur ein toller, schicker Server ist, sondern dass er den Nutzen der IT-Infrastruktur spürbar erhöht.”
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