Branchengeflüster: Staatliche Förderung würgt Open Source ab
Wirtschaft, Wissenschaft und Politik sind sich einig, dass Open-Source-Software Nutzen bringt, aber ob sie subventioniert werden sollte, darüber gehen die Meinungen auseinander.
Wirtschaft, Wissenschaft und Politik sind sich einig, dass Open-Source-Software Nutzen bringt – aber ob sie staatlich gefördert, also subventioniert werden sollte, darüber gehen die Meinungen ziemlich auseinander. Wie ein Expertengespräch mit Herstellern, Vertrieb und Anwendern im Rahmen des Bundesverbandes der Digitalen Wirtschaft ergab, ist es strittig, ob solche Subventionen einen Innovationsschub oder das Gegenteil zeitigen.
“Die Märkte für Standardsoftware sind überwiegend durch eine hohe Marktkonzentration gekennzeichnet”, sagte Jens Mundhenke vom Institut der Weltwirtschaft in Kiel. “Open-Source-Software mit seinen niedrigen Markteintrittsbarrieren kann hier den Wettbewerb intensivieren.” Aber Stefan Kooths vom ‘Münster Institute for Computation Economics’ (MICE) der Universität Münster bezweifelt, dass die Förderung von Open-Source-Software eine ökonomisch wie politisch vertretbare Aufgabe sein kann: “Open-Source-Software schafft keine Wertschöpfungspotenziale, sondern bietet nur einen Teil der Möglichkeiten des kommerziellen Marktes. Die Umsatz- und Beschäftigungseffekte von Open-Source-Software sind damit geringer als die Effekte kommerzieller Software.”
Auch juristisch wirft Open-Source-Software für die anwesenden Forscher Fragen auf. Zwar gilt die Überlassung von Open-Source-Software als Schenkung, unproblematisch ist das hingegen nicht, heißt es. “Trotz Schenkung bleiben die Hersteller zumindest in bestimmten Fällen Dritten gegenüber haftbar. Und auch der Käufer selbst hat gegenüber Händlern und Vertrieben einen Haftungs- und Gewährleistungsanspruch”, so die Einschätzung von Gerald Spindler von der Universität Göttingen. Auch vergaberechtlich kann die explizite Festlegung auf eine technologische Plattform in der Ausschreibung Probleme mit sich bringen. “Die öffentliche Hand muss ausgehend von ihrem konkreten Bedarf frei, lizenzoffen, abstrakt und auch ergebnisoffen ausschreiben. Das heißt, nur dort, wo der Bedarf es sachlich oder technologisch belegbar erfordert, ist eine Einschränkung zulässig”, sagt Dirk Heckmann von der Universität Passau.
Auch Axel Metzger vom Max-Planck-Institut München und dem ‘Institut für Rechtsfragen der freien und Open-Source-Software’ (ifrOSS) München, weist auf Fallstricke hin. Er sieht beim rechtlichen Vergleich der beiden Software-Modelle zwar bei Open-Source-Lizenzen zusätzliche Freiheiten für den Nutzer, hinsichtlich bestehender Probleme jedoch keine Unterschiede: “Alles in allem sind mit Vermarktung wie Nutzung von proprietärer Software genauso viele rechtliche Probleme wie mit Open-Source-Software verbunden.” Einig sind sich die Vertreter aber, dass sich Investitionen in IT-Infrastruktur grundsätzlich an Kosten-Nutzen-Kriterien orientieren sollten.
Hans-Joachim Otto, Mitglied des Bundestages für die FDP, will ebenfalls von Subventionen genauso wenig wissen wie von Sanktionen. Die Öffentliche Hand müsse frei sein in der Entscheidung. Er sagt: “Wir sollten den Wettbewerb fördern und uns nicht festlegen, weder zur einen, noch zur anderen Seite.” Jörg Tauss von der SPD will das Wettbewerbsrecht deshalb bei aller Übereinstimmung mit dieser FDP-Haltung aber nicht verschärfen. “Die Frage ist jedoch, ob es immer richtig angewendet wird”, benennt er seine Zweifel. Für Rudi Gallist, Vizepräsident des BVDW und ehemaliger Deutschland-Chef von Microsoft, ist hingegen klar, dass sich staatliche Einmischung nur negativ auswirken kann, es sei denn es geht um notwendige Förderungen.