PC-Stopp von IBM mischt den Markt auf

Auf die Frage, ob der Verkauf von IBMs PC-Geschäft klug ist und zur rechten Zeit kommt, antwortet das Marktforschungsunternehmen Forrester mit einem klaren Ja. Damit gehe IBM nur den logischen nächsten Schritt nach dem Abstoßen der PC-Produktion vor wenigen Jahren. Der Verkauf ausgerechnet nach China gebe IBM die Möglichkeit, dem asiatischen Unternehmen ausreichend Geld dafür abzunehmen und andererseits erlaube dies eine stärkere Initiative IBMs im asiatischen Markt. Hier soll das Feld schlussendlich nicht nur den Europäern überlassen werden. Analysen aus dem Haus Ovum sehen die Frage etwas kritischer für den IT-Markt.
Somit könne das Unternehmen die wenig margenträchtigen Hardware-Geschäfte links liegen lassen und sich den gewinnträchtigen Servicegeschäften stärker zuwenden. Schließlich sei der Preiskampf in dem technisch mehr als ausgereizten Marktumfeld mit PCs nicht zu unterschätzen. Nach Ansicht der Forrester-Analysten Simon Yates, Robert McNeill und Stephan Wenninger passt dieser Verkauf, der in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch bestätigt werden soll, hervorragend in die Strategie von Sam Palmisano.

Der CEO hatte mehrfach klar gemacht, dass er sich gerade im Hardwarebereich schnell von unrentablen Feldern trennen werde. Die Analysten führen den Verkauf des Festplattengeschäfts an Hitachi im Jahr 2002 als Beleg dafür an. Dieser Verkauf hatte damals für genauso viel Furore gesorgt, wie jetzt die PC-Geschichte. Doch zu guter Letzt, so die Forrester-Leute, hätte sich der Verkauf als richtig erwiesen. Der PC-Fertigungsverkauf im selben Jahr an Sanmina-SCI sei ebenfalls verständlich gewesen, nicht aber das “krampfhafte Festhalten am PC-Geschäft über diesen Zeitpunkt hinaus und trotz sinkender Margen”. Hewlett-Packard (HP) und Dell, so die drei Fachleute, seien weitaus besser im PC-Markt aufgestellt.

Der Verkauf ziehe IBM endlich aus einem sehr engen Markt ab, in dem sich schon zu viele Anbieter tummelten. “IBM kämpft im PC-Bereich ein Rückzugsgefecht gegen die Dell und HP, deren aggressive Pricing-Strategien die Kunden viel attraktiver zu finden scheinen und die sie IBMs Botschaft vom ‘Stärke in der Fertigung und IT-Freundlichkeit’ deutlich vorziehen”, heißt es in einem Meinungspapier. Die Produktlinien ‘ThinkCenter’ und ‘ThinkPad’ hätten bereits stark gelitten und nur eine nahezu selbstmörderische Preissenkung könne IBMs PC-Geschäft am Status Quo halten, geschweige denn stärken.

Der Rückzug IBMs werde die Stellung von Dell und HP entsprechend stärken und sie zur neuen Nummer Eins und Zwei im PC-Geschäft machen. 91 Prozent der Unternehmen kaufen bei den derzeit noch drei Großen ein. Für Dell und HP malen die drei Analysten die Zukunft rosa – aber nur, wenn Dell seine Preispolitik bei gutem Service beibehält und HP seine Stärken besser ausspielen lernt, nämlich Commodity-Produkte mit modernsten Dienstleistungen zu verbinden. Yates, McNeill und Wenninger haben jetzt festgestellt, dass 40 Prozent der regelmäßig von Forrester befragten Firmen die Laptops vor allem bei Dell bestellt, und 49 sprachen von Dell als ihrem bevorzugten Desktop-Hersteller. Aber 31 Prozent von ihnen setzen im Desktop-Bereich noch auf IBM. Der Löwenanteil dieser 31 Prozent dürfte jetzt bald zur Disposition stehen.

Richard Hollway, Director bei dem Marktforschungsunternehmen Ovum, hält den Verkauf ebenfalls für “nicht nur symbolisch”, kommt aber zu anderen Schlüssen für den Markt. Er betont, dass der veranschlagte Preis von 1 bis 2 Milliarden Dollar im Gegensatz dazu steht, dass das PC-Geschäft in der letzten Zeit durchschnittlich nur ein Prozent zum Gesamtprofit des Konzerns beigetragen habe, bei 13 Prozent Beitrag zum jährlichen Umsatz. Hollway sieht die Entscheidung IBMs für den Verkauf als “ein Alarmsignal für andere”. Er geht in dieser Hinsicht noch einen Schritt weiter als die Forrester-Analysten. “Den Trick, Commodity-IT mit erstklassigem Beratungsgeschäft zu koppeln, versuchen viele, doch beherrschen ihn nur wenige”, sagt Hollway in Richtung der anderen Hersteller. “Man ist entweder Dell oder Accenture. Selten gelingt beides.”

So seien bereits vor IBM die meisten, die diese Zweigleisigkeit versucht hätten, damit gescheitert. Hollway sagt: “Fujitsu Services ist eines der vielen Beispiele für einen Hardware-Händler, der nach dem Abstoßen des Hardware-Anstrengungen und der Konzentration auf die Services-Arena viel besser vorankommt.” Dabei sieht er nunmehr nur noch einen solchen Spagat in der IT-Industrie. HP sei heute mit dieser von ihm als uneffektiv beschriebenen Strategie allein, sagt der Analyst. Er geht mit den Kommentatoren der britischen Financial Times mit, wenn diese fragen, warum HP nun an seinen PC-Geschäften festhalten wolle, wenn selbst IBM nicht mehr mitmache.

All dies, so Hollway, setze aber auch Reseller wie Computacenter viel mehr als bisher unter Druck. Er sagt, dass HP nun noch stärker versuchen werde, seine Channel-Strategie an die rasiermesserdünnen Margen im PC-Geschäft anzupassen. Dabei gebe es die nahe liegende Möglichkeit, den Direktverkauf wieder stärker anzupacken. Diesen Preisdruck und die noch härtere Konkurrenz werde HP, so Hollway, an die Reseller weitergeben.

Silicon-Redaktion

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