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Foul an der B-Jugend

“Vor allem beim diesjährigen Schwerpunktthema … steigen sie um drei Plätze auf und finden sich nunmehr auf Rang 17 wieder.” Insgesamt aber – so der Nachrichtensender – stehen wir “eben auch nur in der unteren Hälfte der Leistungstabelle”. Die anderen sehen es genauso und formulieren es ähnlich.
Bei unseren Nachbarn kommt da natürlich Häme auf. Die Wiener Presse vermeldet denn auch, “dass Österreich jedenfalls nicht hinter Deutschland liege”. Das Fazit des Blatts: “Deutschland kam … nicht unter die Top 12.”

Diese Österreicher! Immer müssen sie stänkern. Seit sie 1978 bei der WM 3:2 gegen uns gewonnen haben.

Es ist schon bitter. Nein, nicht die Platzierung.

Die kann einem so ziemlich egal sein. Schließlich geht’s bei dem, worüber diese Woche alle berichten, nicht um eine der üblichen nationalen Katastrophen, ausgelöst durch Jürgen Klinsmanns müde Treter. Nur im Fußball ist ja die Platzierung wichtig, weil Fußball unwichtig ist.

Bitter ist vielmehr, dass über PISA II – mit dem Schwerpunkt Mathematik – so berichtet wird. – So, als ginge es um Fußball. Und die Kommentare sind ähnlich sachverständig wie die der 80 Millionen Fußball-Experten nach einem verlorenen Länderspiel.

Jeder sagt, dass er’s ja schon immer gesagt habe, Josef Kraus im Deutschlandfunk, dass die Gesamtschulen schuld seien. Er ist der Präsident des Deutschen Lehrerverbandes, in dem die Gymnasial- und Realschullehrer organisiert sind.

Edmund Stoiber spricht sich gegen die Zentralisierung der Bildungspolitik aus. Er hat die letzte Bundestagswahl verloren, weswegen in der Zentrale jetzt immer noch die anderen sitzen: “Es würde den Bock zum Gärtner machen, wenn ganz Deutschland jetzt den falschen bildungspolitischen Losungen der rot-grünen Politiker in Berlin … folgen müsste.”

Wobei die Rot-Grünen das mit ihren Losungen ja mittlerweile sehr undogmatisch sehen. Chronisch klamm allerdings sind sie. Deswegen fordert Christa Sager (grün) als Antwort auf PISA denn auch, die Erbschaftssteuer zu erhöhen, und Edelgard Bulmahn (rot), die Eigenheimzulage abzuschaffen.

Matthias Jarke schließlich will Informatik als Pflichtfach einführen. Er ist Präsident der Gesellschaft für Informatik.

Was hingegen niemand so recht interessiert, ob unsere Siebzehntplazierten im B-Jugend-Alter eigentlich ausrechnen können, dass man für sieben Äpfel 1 Euro 40 bezahlen muss, wenn vier 80 Cent kosten, also ob sie den Dreisatz beherrschen. Oder ob sie wissen, dass die Summe der Kathetenquadrate gleich dem Quadrat über der Hypotenuse ist und was das bedeutet. Das einzige, was offenkundig zählt, ist der Platz in der unteren Hälfte der imaginären PISA-Liga.

Es ist genauso, wie wenn Deutschland in der Vorrunde bei der Fußball-WM rausfliegt. Oder um es in den Worten der Süddeutschen Zeitung auszudrücken: “Auch in der Mathematik rangierten die Schüler aus dem ‘Land der Dichter und Denker’ weit hinter denen aus Finnland, Australien, Japan oder den USA.”

Wobei man Dichter und Denker hierzulande neuerdings ja auch in eine Art ewige Bundesliga packt. Unter dem Titel “Unsere Besten” hat das ZDF sich darum verdient gemacht.

Das Ranking: 1. Konrad Adenauer, 2. Martin Luther, 15. Konrad Zuse, eben mal noch vor Daniel Küblböck (16.), 26. Michael Schumacher, einen Platz vor Ludwig Erhard.

Was einzig verwundert, ist, dass bei dem allgemein grassierenden Kicker-Paradigma Franz Beckenbauer, der Weltmeister von 1974 (im Mittelfeld) und von 1990 (auf der Trainerbank) erst auf dem 36. Rang kommt. Und Fritz Walter (Weltmeister: 1954) an 71. Stelle.

Allerdings ist “Unsere Besten” trotzdem eine hübsch gemachte Site. Mit Zitaten von den Platzierten. Von Karl Marx (Rang 3) liest man da etwa: “Wenn die Sonne der Kultur niedrig steht, dann werfen auch Zwerge Schatten.”

Albert Einstein, der Erfinder der Relativitätstheorie, rangiert an 10. Stelle. Zitat: “Wenn du mit einem Mädchen, das du liebst, zwei Stunden zusammensitzt, denkst du, es ist nur eine Minute. Wenn du aber nur eine Minute auf einem heißen Ofen sitzt, kommt dir das wie zwei Stunden vor. Siehst du – das ist Relativität.”

Also Relativität ist wirklich eine reale Sache. Den Relativismus in der deutschen Bildungsdiskussion hätte sich Einstein aber wahrscheinlich nicht vorstellen können.

Silicon-Redaktion

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