Deutsche Arzneimittel-Hersteller schließen mit Software-Herstellern sogenannte “Werbeverträge” oder “Sponsorenverträge” ab, damit diese bestimmte Medikamente in der Software für Ärzte an bevorzugter Stelle präsentieren. Das berichtete das ARD-Fernsehmagazin Panorama am Donnerstag.
In einigen Programmen werde bereits bei der Eingabe einer Diagnose ein Präparat des Sponsors vorgeschlagen, hieß es. Mitunter erscheine auf der Liste der preiswertesten Medikamente automatisch ein Produkt des Sponsors an erster Stelle, obwohl billigere Vergleichspräparate existierten.
“Ärzte merken im Prinzip nicht, dass sie auf’s Glatteis geführt werden, also von den Firmen in eine falsche Richtung gelenkt werden. Und das nennt man ja wohl Manipulation,” sagte Prof. Gerd Glaeske, Arzneimittelexperte der Universität Bremen.
Die Krankenkassen erlitten durch diese Computerprogramme einen jährlichen Schaden von bis zu 1,2 Milliarden Euro, hieß es. Laut Glaeske könnte der durchschnittliche Kassenbeitrag von 14,2 auf 14,1 Prozent sinken, wenn die Ärzte “neutrale Software” verwenden müssten. Etwa 70 Prozent aller niedergelassenen Ärzte stellten ihre Rezepte mithilfe solcher Programme aus.
Laut Panorama schließen vor allem große Hersteller von Nachahmerpräparaten (Generika) Werbe- oder Sponsorenverträge mit Software-Unternehmen ab. Dagegen wiesen die Vertreter der Pharmaindustrie den Vorwurf der Manipulation zurück. Sie erklärten, der Arzt könne auch mit diesen Programmen frei entscheiden, welche Medikamente er verschreiben wolle.
Die von der Pharmaindustrie gesponserte Software wird den Ärzten häufig mit Rabatten angeboten. Laut Prof. Bruno Müller-Oerlinghausen, Chef der Arzneimittelkommission der Bundesärztekammer, wird die Software im Wert von mehreren tausend Euro an Ärzte auch verschenkt. “Da dieses Geschenk mit einer Einflussnahme auf die Verordnungsweise verbunden ist, muss man berufsrechtlich die Frage diskutieren, ob es sich hier nicht um eine Art von Bestechung handelt”, so Müller-Oerlinghausen.
Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt forderte die Kassenärzte derweil auf, sich gegen eine mögliche Einflussnahme durch Computerprogramme zur Wehr zu setzen: “Wir werden Gespräche mit der Kassenärztlichen Bundesvereinigung führen”, so Schmidt. Sie wolle Anfang Dezember Vertreter der Ärzteschaft zu einem Gespräch laden.
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