Es heißt, der Wurm muss dem Fisch schmecken und nicht dem Angler. Aber wer ist Fisch und wer ist Angler? Oder anders ausgedrückt, dürfen oder sollten Antivirenprogramme Dialerprogramme aufspüren?
Im Jahr 2004 hat der Gesetzgeber mit dem Mehrwertdienstegesetz scharfe gesetzliche Regelungen gegen den Missbrauch von automatischen Wählprogrammen geschaffen. Das heißt aber nicht, dass automatische Wählprogramme a priori unzulässig sind, denn es handelt sich zunächst einmal um Software – und Software an sich ist nicht ungesetzlich, allenfalls ihre Verwendung.
Damit drängt sich die Frage auf, ob sich die Hersteller von Dialer-Software erfolgreich dagegen wehren können, wenn sie von Security-Software wie Antivirenprogrammen aufgespürt werden. Die Hersteller von Dialern könnten darin ein wettbewerbswidriges Verhalten und einen Eingriff in ihren eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb sehen. Sie könnten die Antiviren-Softwarehersteller auffordern, es zu unterlassen, Sicherheits-Softwareprogramme einzusetzen, anzubieten, zu vertreiben und insbesondere im Internet zur Verfügung zu stellen, wenn diese Software Anwahlprogramme der Dialer-Hersteller als Viren oder Trojaner oder sonst wie bezeichnet und Verbrauchern den Zugang zum Dialer-Programm verwehrt.
Und so ist es auch tatsächlich geschehen. Damit war klar, dass unsere Ausgangsfrage gerichtlich geklärt werden musste. Wer könnte die Antworten besser geben als das OLG Hamburg? In dem Beschluss vom 10.05.2004 (AZ: 5 W 52/04) wurde geklärt, wer Fisch, wer Köder, wer Angler ist und was wem schmecken darf. In der juristischen Sprache klingt das dann wie folgt:
1. Der Umstand, dass eine Antiviren-Software zugleich Schutzmechanismen zur Abwehr “Kostenverursachender Einwahlprogramme” bereit stellt, bei denen es sich nicht um “Viren” im Wortsinn handelt, kann von dem Anbieter derartiger Dialer-Programme jedenfalls dann nicht als wettbewerbswidrig beanstandet werden, wenn der Nutzer den insoweit gewünschten zusätzlichen Schutzumfang durch ein-/abschaltbare Programm-Optionen nach eigenen Bedürfnissen gestalten kann.
2. Der Warnhinweis auf eine “verdächtige Datei” beziehungsweise “infizierte Datei”, die als “gefährlich” eingestuft wird, ist in Ansehung von Dialer-Programmen im Rahmen einer Antiviren-Software trotz fehlender “Infizierung” dann nicht zu beanstanden, wenn der Nutzer durch das optionale Schalten entsprechender Schutzmechanismen derartige Dateien als “unerwünschte Programme” definiert hat.
3. Dem Anbieter von Einwahlprogrammen steht kein wettbewerbsrechtlicher Anspruch gegen die konkrete Art und Weise der Zugangskontrolle zu, welche eine Dialer-Schutzsoftware auf die für die Einwahlprozedur erforderlichen Einzeldaten zur Anwendung bringt. Insbesondere hat der Dialer-Anbieter keinen Anspruch auf eine Differenzierung bei der Erkennung zwischen illegaler und ordnungsgemäß registrierter Einwahlsoftware.
Ist dies als Sieg einer Software über eine andere zu werten? Nein, auf keinen Fall. Es ist ein Sieg in Richtung User (das sind Menschen an Computern). Sie sind gerichtlich anerkannt imstande sich zu informieren und sich ihre Programme gezielt selber auszusuchen. Denn die User installieren Security-Software nicht ganz freiwillig, sondern weil es notwendig ist, um sich vor Viren, Trojanern und Hackerangriffen zu schützen. Die Dialer-Anbieter haben es daher hinzunehmen, dass die Security-Programme-Anbieter mit ihren Programmen Schutzmechanismen zur Abwehr von Anwählprogrammen anbieten.
So lange diese Funktionalitäten von dem Programmnutzer nach eigenem Ermessen deaktiviert werden können, stellt sich eine derartige Programmgestaltung selbst dann nicht als unzulässig dar, wenn eine Aktivierung standardmäßig vorgegeben ist und in der Programmwerbung auf diese Funktionalität nicht gesondert hingewiesen wird. Denn der Nutzer eines Antiviren-Programms ist aus der Natur der Sache gehalten, sich näher damit zu beschäftigen, welchen konkreten Schutzumfang er wünscht.
Er kann insbesondere das Programm entsprechend konfigurieren, so dass bestimmte Dateien nicht erfasst werden. Er kann es ferner für bestimmte Aktionen deaktivieren und er kann bei der Warnmeldung wählen, ob er den Download ermöglicht oder nicht. Nimmt er diese Einstellung vor, so trifft er eine Entscheidung, die auch die Dialer-Hersteller als hiervon Betroffene zu respektieren haben. Der User ist somit der Angler, er benutzt einen Köder (die Security Software), der ihm in der Regel nicht schmeckt, weil er ihn bezahlen muss, der aber den Vorteil hat, dass er so eingestellt werden kann, dass er den vom Angler unerwünschten Fischen gar erst nicht schmeckt. Die echten Petri-Fischer werden neidisch sein.
Angriffe auf APIs und Webanwendungen sind zwischen Januar 2023 und Juni 2024 von knapp 14…
Mit täglich über 45.000 eingehenden E-Mails ist die IT-Abteilung des Klinikums durch Anhänge und raffinierte…
Bau- und Fertigungsspezialist investiert in die S/4HANA-Migration und geht mit RISE WITH SAP in die…
Trends 2025: Rasante Entwicklungen bei Automatisierung, KI und in vielen anderen Bereichen lassen Unternehmen nicht…
DHL Supply Chain nutzt generative KI-Anwendungen für Datenbereinigung und präzisere Beantwortung von Angebotsanforderungen (RFQ).
Marke mtu will globale Serviceabläufe optimieren und strategische Ziele hinsichtlich Effizienz, Nachhaltigkeit und Wachstum unterstützen.