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Geschäftsprozesse im Dauertest – viel Nutzen zu hohen Kosten

Business Activity Monitoring (BAM), die Auswertung von Prozessdaten in Echtzeit, scheint eine Fabel zu sein. Eine große Anzahl von Herstellern aus den Bereichen Business Intelligenz (BI) und Datenintegration bieten Lösungen an. Der Hype ist groß. Doch die Suche nach Projekten bleibt erfolglos. Dabei lockt das Angebot Entscheider. Diese sollen jederzeit, möglichst über ein Management-Cockpit, über den aktuellen Stand ihres Geschäfts sowie absehbare künftige Entwicklungen informiert sein, um gegebenenfalls korrigierend eingreifen zu können. Außerdem ist BAM eine Folge der Automatisierung von Prozessen und ihrer Steuerung und hat deshalb mit Kostenersparnis zu tun.
Es gibt weder die richtigen IT-Werkzeuge noch die falsche IT-Architektur für eine nutzbringende Beobachtung von Geschäftsprozessen. “Dafür ist BAM ein zu junges Thema”, sagt etwa Ian Charlesworth, Chef-Analyst der Butler Group. Dennoch sind die Erwartungen, etwa an ein Return On Investment (ROI), hoch. “Zu viel Hype!” so Charlesworth. Offenbar haben selbst die Hersteller, die BAM-Lösungen anbieten wollen, die Komplexität von Vorarbeiten unterschätzt, die ein Monitoring überhaupt erst erlauben beziehungsweise sinnvoll erscheinen lassen.

Vorausgesetzt, die Prozesse sind identifiziert

Überhaupt müssen die Kernprozesse zuerst identifiziert, definiert und dokumentiert sein. Sodann bedarf es Kennzahlen, mit deren Hilfe Aussagen über den Status eines Geschäftsprozesses getroffen werden können. Außerdem sind Normalfall sowie Grenzwerte festzulegen, deren Über- oder Unterschreitung ein Eingreifen oder automatische Korrekturen erfordern. Regeln müssen besagen, wie die Kennzahlen erhoben werden, und welche Maßnahmen bei Handlungsbedarf folgen.

Da die Kontrolle letztlich der Verbesserung von Geschäftsprozessen dient, bedarf es zudem der Analyse von Messergebnissen. Sämtliche Schritte lassen sich mit Software umsetzen und sind vor allem in Großunternehmen längst unternommen. Dazu gehört etwa ein Business Intelligence Framework, Datentöpfe mit operativen Informationen und Applikationsintegration. Das macht die Annäherung an BAM wider Erwarten jedoch nicht einfacher. Denn aus verschiedenen Richtungen kommend legen die Anbieter unterschiedliche Definitionen und Lösungen vor. Der Markt ist unübersichtlich, eine Vielzahl von Konvergenzen ist zu beobachten.

Als erste Einordnung von BAM kann die Definition des Beratungs- und Marktforschungsunternehmens Berlecon Research dienen. BAM ist hier ein Teilbereich des Business Process Managements (BPM), der Lösungen bietet, Prozessdaten in Echtzeit auszuwerten. Solche Auswertungen hätten bisher im Rahmen von Business Intelligence nur zeitverzögert erfolgen können, weil die Ausführungsdaten zunächst in Data Warehouses gesammelt wurden, um offline verarbeitet zu werden. Damit deutet sich an, dass typische BI-Anbieter, etwa SAS Institute und Teradata, aber auch Microstrategy, Cognos, Hyperion, SPSS und Business Objects, BAM beziehungsweise Business Performance Management zu ihrem Thema machen. Allerdings zeigt die Vokabel “zeitnah”, die in diesem Umfeld häufig Verwendung findet, dass sich die Hersteller mit Echtzeitauswertungen von operativen Daten schwer tun. Vielmehr weisen die meisten nach wie vor darauf hin, dass in ein Data Warehouse vorverdichtete, bereinigte und ausgewählte Daten hineingehörten.

Schnell, schnell: Daten aufbereiten und abgreifen

Um Auswertungen machen zu können, müssen die Informationen, die in verschiedenen Formaten vorliegen, so integriert werden, damit sie überhaupt interpretierbar sind. Bei der Bestückung von Data Warehouses können so genannte ‘ETL-Tools’ wie von Ascential und Informatica diese Aufgabe übernehmen: Extraktion, Transformation und Laden. Doch geschieht das im Batch-Verfahren.

Ein in IT gegossener und damit automatisierter Prozess dagegen lässt verschiedene Anwendungen in Echtzeit miteinander Daten austauschen. Der Integrationsvorgang muss somit schneller werden und zugleich mehr und andere Daten verarbeiten können, zum Beispiel Transaktionsdaten. Das ist jedoch die Domäne von Integrationsplattformen beziehungsweise Middleware. Um die ETL-Funktionalität zu erweitern, kaufte sich im September 2003 etwa der Hersteller Ascential den auf Datentransformation und -Routing spezialisierten Anbieter Mercator, und die Information-Builders-Tochter Iway Software übernahm im Oktober 2003 die Adaptersparte des Integrationsspezialisten Actional. Der Anbieter Informatica baut mit Universal Data Services eine Art Applikations-Server für die Datenintegration, der die Basisdienste für den Datenaustausch bereitstellen soll.

Hersteller von Integrationsplattformen bieten somit ergänzende, aber zugleich auch konkurrierende Produkte zu den ETL-Angeboten. Ihre Middleware dient bisher als Tool für Enterprise Application Integration (EAI), beziehungsweise als Enterprise Service Bus (ESB). EAI-Anbieter Tibco etwa zählt zu den ersten Softwareherstellern, die BAM als Geschäftsfeld entdeckten. Das hauseigene Integrationsprodukt ‘Business Works’ dient hier als Quelle für alle prozessrelevanten Inhalte und als Modellierungsumgebung. Mit ‘Ops Factor’ aber können Anwender Überwachungs- und Messaufgaben einfügen.

Dabei lassen sich Aktivitätssensoren sowie Schwellenwerte einzelnen Prozessschritten zuweisen. Ausreißer werden messbar. Darüber hinaus verfügt das Tool wie auch alle vergleichbaren über die Möglichkeit, Regeln zu definieren und Messwerte in Beziehung zu setzen, was letztlich erst ermöglicht, Informationen zu aggregieren und somit Aussagen über den Status eines Prozesses zu treffen. Sie lassen sich in interaktiven Bedienoberflächen mit Überwachungsmodellen, Scorecards und so genannten ‘Dashboards’, virtuellen mit diversen Instrumenten versehenen Cockpits, darstellen.

Ausführung in Echtzeit

Während die Analysten der Gartner- und der Meta-Group Tibco unter den BPM-Anbietern vorne platzieren, hebt die jüngste BPM-Studie der britischen Butler Group die EAI-Anbieter nach vorne: Seebeyond mit ‘ICAN 5.0’ und Webmethods. Das in Fairfax, Virginia, beheimatete Unternehmen präsentiert auf der Website die derzeit wohl bekannteste BAM-Erfolgsgeschichte bei der National City Bank. Genaueres erfährt der Website-Besucher jedoch nicht. In Europa kann Webmethods auf zwei Projekte hinweisen, eines bei dem niederländischen Handelsriesen Ahold, das andere ist zu frisch, um namhaft zu werden.

Nach Angaben der Butler Group dreht sich BAM vor allem darum, Wissen über den Prozess so in IT zu gießen, dass er automatisiert ablaufen und zudem verbessert werden kann. Dafür brauchen die Anwenderunternehmen Regel-Maschinen, die von Fachkräften und nicht von IT-lern verstanden und bedient werden können. Ausgefeilte Produktangebote nutzen gar neuronale Netzwerke und Fuzzy Logic, um dem Anwender zu ermöglichen, neue Regeln zu entdecken und sie zu verwalten.

Das BAM-Angebot von Webmethods etwa verfügt über eine lernende Engine, die Korrelationen und Abhängigkeiten in den Prozessinformationen entdecken kann, um Anwender weitgehend selbsttätig auf Ausnahmen und Abweichungen vom Normprozess hinweisen zu können, beziehungsweise auf Ereignisse im Prozessfluss. Außerdem gibt es so genannte “Fingerabdrücke”, die Managern zum Beispiel eine komplette Bibliothek mit Symptomen sowie Lösungsvorschlägen bereitstellt. Zusätzlich sind hier die Metriken zu finden, nach denen die Schlüsselindikatoren sowie die darunter liegende Infrastruktur überwacht werden.

Wem die Angebote der Integrationsanbieter zu rudimentär sind, kann auf Rules-Spezialisten wie das französische Unternehmen Ilog zurückgreifen, das eine lange Tradition in Sachen Künstliche Intelligenz und Optimierungsalgorithmen aufweist. Viele BPM-Anbieter und Integrationsspezialisten, aber auch ERP-Lieferanten, verfügen über entsprechende Schnittstellen zur der Rules-Engine.


Im zweiten Teil des Hintergrundartikels über Business Activity Monitoring erfahren Sie, warum es bisher kaum bekannte BAM-Projekte gibt und wie eine Checkliste für das Aufsetzen eines BAM-Projektes aussieht.

Silicon-Redaktion

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