Vorwurf aus Brüssel: IT-Riesen missbrauchen freie Entwickler
Jesus Villasante spricht aus, was viele in der Open Source Community denken: Großkonzerne, vor allem aus den USA, missbrauchen die Entwickler freier Software als billige Zulieferer.
Jesus Villasante spricht aus, was viele in der Open Source Community schon lange denken: Großkonzerne, vor allem aus den USA, missbrauchen die Entwickler freier Software als billige Zulieferer. Das sagte der Mitarbeiter der EU-Kommission für Softwarefragen auf einer Konferenz in Amsterdam.
Er ist der Ansicht, dass die IT-Konzerne die Entwicklung von Open Source insgesamt negativ beeinflussen würden, weil sie die Entwickler wie Subunternehmer behandeln. IBM frage beispielsweise einen Kunden, ob er proprietäre oder Open Source Software (OS) haben wolle, und wenn sich der Kunde dann für die offene Lösung entscheide, verkaufe der IT-Riese immer ‘IBM Open Source’, ‘Sun Open Source’, ‘HP Open Source’. So werde die Community nicht gerade ermutigt, Innovationen voranzutreiben.
Villasante beschwor die Community dennoch, sich von den multinationalen US-Konzernen nichts gefallen zu lassen. Sie sollten vielmehr ihre eigene Bedeutung ernster nehmen und erkennen, dass sie durch ihre Arbeit sich selbst und der menschlichen Gesellschaft gegenüber eine Verpflichtung übernommen hätten, kein reines Anhängsel zu sein. Villasante: “Von dem Moment an, in dem ihnen klar wird, dass sie Teil der gesellschaftlichen Entwicklung sind und anfangen, diese zu beeinflussen, bewegen wir uns in die richtige Richtung.”
Der Vorwurf, dass die großen Konzerne Lob, Gewinn und Prestige für die Arbeit anderer, firmenfremder Community-Mitglieder einstreichen würden, scheint indes zu stechen. Einer der Diskussionsteilnehmer zog sich angesichts der Aussagen von Villasante lediglich auf die bekannte Position zurück, dass Großkonzerne doch eine veritable Verpflichtung hätten, etwas zur OS-Community beizutragen und dass dies eben durch das Angebot von OS geschehe. Das sagte James Baty, Chief Architect Sun One Consulting. Direkter ging er aber nicht auf die Vorwürfe ein.
Jesus Villasante hingegen hofft, dass sein Denkanstoß dazu führen könnte, dass Europa überhaupt erst eine eigene Softwareindustrie für die Zukunft entwickelt, denn: “Die einzige Softwareindustrie, die wir haben, ist in den USA.”