“Vor zwei Jahren hat die russische Regierung versprochen, die Musik-Piraterie innerhalb von 24 Monaten völlig auszurotten – stattdessen ist sie um 30 Prozent angewachsen.” John Kennedy ist Chef der britischen Organisation IFPI (International Federation of the Phonographic Industry), die 1500 Plattenfirmen weltweit vertritt. Wie er jetzt gegenüber dem Wall Street Journal sagte, ist Russland inzwischen weltweit der größte Exporteur von gefälschter Musik und nach China der zweitgrößte Umschlagplatz für solche Produkte.
Grund für diese Entwicklung ist nach Angaben von Experten der enge Kontakte der Musik-Piraten zur russischen Regierung. So kommt es vor, dass Polizisten, die einen illegalen Händlerring sprengen, am Ende selber im Zentrum der Ermittlungen stehen, anstatt der eigentlich Schuldigen. Längst steht die russische Regierung im Verdacht, Musik- und Online-Piraten zu schützen. Wie es heißt, sammeln die Betrüger regelrecht politische Schutzpatrone und platzieren ihre Fälscherwerkstätten innerhalb geheimer militärischer Einrichtungen, auf die Justizbehörden keinen Zugriff haben.
Dank der hochrangigen Verbindungen tragen die Bemühungen der Strafverfolgungsbehörden nur geringe Früchte. In den seltenen Fällen, in denen es überhaupt zu einer Verurteilung kommt, wird der Strafvollzug in der Regel aufgeschoben und 70 Prozent der beschlagnahmten Handelsware landet wieder auf dem Markt.
Der russische Jurist Vladimir Ovsyannikov macht aus seinen Verbindungen zur einschlägigen Szene kein Geheimnis, die Regierung als Teil der kriminellen Strukturen ist offenbar längst Alltag. ‘Krysha’ (Dach) nennt man das auf russisch. Dabei ist Dach nicht irgendeine kriminelle Organisation, sondern das Dach ist in diesem Fall der russische Nachrichtendienst und der Kreml. “Ein Politiker ist kein Politiker, solange er keine Krysha bieten kann – ob für Banditen, Prostituierte oder Staatbeamte ist völlig egal”, so Ovsyannikov. “Im Grunde sind sie alle Wähler.”
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