Eine prägnantere Aussage über Stand und Zustand der Informationstechnik mit nur 55 Anschlägen kann man nun wirklich nicht treffen. Allerdings erschließt sich der dem Artikel zugrunde liegende Sachverhalt Non-MCSEs (Microsoft Certified System Engineers) nicht auf Anhieb. Weshalb man ihn sich erst noch einmal Schritt für Schritt vergegenwärtigen sollte.
Also: Ein IT-Unternehmen liefert gewohnheitsmäßig fehlerbehaftete Programme aus. Weshalb es ständig Software-Flicken ins Netz stellt, mit denen man die aktuell entdeckten Sicherheitslöcher eventuell stopfen kann.
Dafür gibt es einen Fachbegriff. “Trustworthy Computing” nennt Microsoft dieses Patchwork.
Weil da nun aber wirklich niemand mehr mitkommt mit den ganzen Patches, die ständig aufgespielt werden wollen, hat das Unternehmen eine so genannte Auto-Update-Funktion entwickelt. Damit kann der Computer selbständig flickschustern.
Microsoft ist das ganze übrigens kein bisschen peinlich. So, wie es etwa einem Automechaniker alten Schlags peinlich wäre, der gepfuscht hat und deshalb nachbessern muss.
Im Gegenteil: Größere Nachbesserungsarbeiten nennt das Unternehmen selbstbewusst SP. Das steht für “Service Pack” und ist ebenfalls ein Fachbegriff, der für Außenstehende etwas seltsam anmuten mag.
Mit dem aktuellen SP2 ist es allerdings so eine Sache. Wenn das installiert worden ist, dann funktionieren andere Programme nicht. Also SP2 zeitigt gelegentlich dieselbe Wirkung wie das digitale Ungeziefer, das es außen vor halten soll.
Deswegen wiederum hat Microsoft ein Stück Software geschrieben, für das es nun einen ganz komplizierten Fachbegriff gibt, nämlich “Toolkit to Temporarily Block Delivery of Windows XP SP2 to a PC Through Automatic Updates and Windows”. Damit kann man verhindern, dass der Rechner trotz Auto-Update das SP2 installiert. Die zitierte Download-Blockade.
Und die nun funktioniert nur noch bis nächsten Dienstag. “Das Ende naht!”
Ältere XP-Anwender werden sich da wehmütig an jene rauen Tage in der Pionierzeit der Computerei erinnern, als noch keine Auto-Funktionen existierten, die irgendwas irgendwohin schreiben. Ob ein PC – der damals noch ein wirklicher PC, ein persönlicher Computer, war – funktionierte oder nicht, das hing vielmehr einzig und allein davon ab, ob der echte Mann, der davor saß, in der Lage war, die autoexec.bat zu editieren – händisch, versteht sich.
Es ist ein gutes Gefühl, sein Werkszeug zu beherrschen. Ein ausgesprochen sch…lechtes Gefühl hingegen ist es, wenn das Werkzeug einen beherrscht.
Also: Wenn man in der Autofabrik an einem Band steht, das den Arbeitstakt vorgibt. Oder: Wenn man vor einem XP-Rechner sitzt, der macht – und mit einem macht – was er will.
Wobei: Jenes ungute Gefühl überkommt einen ja heute überall. Hinterm Lenkrad beispielsweise, einem anderen vermeintlichen Refugium für echte Männer.
Früher hatten Autos eine Schaltung. Das war so etwas wie eine Kfz-Kommandozeile. Das musste man schon beherrschen.
Heute hingegen ist ein Auto im Prinzip nichts anderes als ein motorisierter XP-Rechner. Und man kann froh sein, wenn ein Neuwagen, den man sich zulegt, weil der alte nun wirklich am Ende war, eine Halbautomatik hat.
Die funktioniert so ähnlich wie eine DOS-Emulation unter Windows: Was wichtig ist, erledigt das eigentliche Betriebssystem automatisch. Nur das Look and Feel ist noch so richtig schön altmodisch.
Das gibt einem dann aber immerhin über weite Strecken das Gefühl, sein Werkzeug zu beherrschen. Man schaltet. Und die Kfz-Elektronik zeigt einem auf einer Armatur an, wenn sie einen anderen Gang für angemessen hält. Ansonsten aber gehorcht sie brav. So wie es sich gehört.
Wenn man sich aber einmal völlig verschaltet, dann reagiert das System nicht, wie man es als jemand, der ernst genommen werden möchte, doch wohl erwarten kann. Es würgt den Motor nicht ab, sondern nimmt den Gang, den es selbst für richtig hält.
Man ist in solchen peinlichen Situationen ja schon richtig dankbar dafür, dass dann keine Anzeige im Altenpflegerinnen-Duktus auf der Armatur erscheint: “Na, na, Herr… das ist wohl doch recht kompliziert mit dem Schalten. Aber das macht nichts. Wir lehnen uns jetzt erst einmal schön zurück und hören der hübschen Musik von den anderen alten Herren, diesen Rolling Stones, aus dem Radio zu. Alles andere macht derweil unser kluges, kluges Auto.”
Ach ja. Es gibt übrigens sehr schöne DOS-Emulationen unter Windows – mit allen Treibern.
Damit kann man die alten Spiele wieder laden und sich in die phantastischsten Welten begeben. Man erlebt die tollsten Abenteuer, meuchelt Monster und kann sich einbilden, dass man seinen Computer beherrscht.
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