Biometrie-Szenarien 2015: Horror oder Hilfe?
Überaus positiv zeichnet die EU ein Leben mit Iris-, Gesichtserkennung oder Fingerabdruck. Die Gegner bleiben auf Konfrontationskurs.
“Tod durch Reisepass”
Dem Bericht, der von der Gemeinsamen Forschungsstelle der Europäischen Kommission im Auftrag des Ausschusses des Europäischen Parlaments für die Freiheiten und Rechte der Bürger, Justiz und innere Angelegenheiten erstellt wurde, mag nicht so recht passen ins Bild vieler Kritiker, die sich unter anderem gerade in den USA wieder verstärkt formieren.
Anlass dort ist die Ankündigung der Regierung Bush, Funkchips in die Pässe zu integrieren, die Informationen wie den Namen, das Geburtsdatum oder eine digitale Version des Passbildes speichern sollen. Biometrische Merkmale wie Fingerabdrücke oder Iriserkennung könnten später noch hinzugefügt werden. Noch in diesem Jahr sollen die Chips zum Einsatz kommen.
Reiseveranstalter, Sicherheitsexperten und Bürgerrechtler sehen darin eine Gefahr für jeden Einzelnen. Sie vermuten mehr Missbrauch der Daten, als dass die Chips das Land in irgendeiner Weise vor Terroristen schützen könnte. Mit einem entsprechenden Lesegerät könnten die Informationen auf dem Chip ausgelesen werden. Oder jemand könnte gar die Daten manipulieren.
All das weist die Regierung von sich – mit den klassischen Argumenten: die Lesegeräte könnten die Daten erst dann erkennen, wenn der RFID-Chip näher als acht Zentimeter vor das Lesegerät gehalten werde. Die Skeptiker dagegen glauben, dass bessere Lesegeräte als die der Grenzwächter problemlos Distanzen von bis zu zehn Metern überwinden könnten.
Im Internet formieren sich deshalb Aktivisten, die den ‘gläsernen Bürger’ nicht hinnehmen wollen. Der Publizist Bill Scannell beispielsweise hat eine Initiative mit dem provokativen Namen ‘RFID kills’ ins Leben gerufen. Auf der Homepage prangt die Überschrift in Fettschrift “Tod durch Reispass”. Noch bis zum kommenden Montag können Bürger dort ihren Kommentar zum Thema abgeben. Einer schreibt: “Ich möchte nicht, dass jemand irgendwo auf der Welt durch den Chip erfährt, dass ich Amerikaner bin.” Die Gefahr entführt zu werden, sei da doch sehr groß.
Ein anderer kommt zum Schluss, dass es ohnehin schon genug Datenklau gebe, da müsse die Regierung nicht auch noch mit RFID kommen. Und: “Es gibt immer Mittel und Wege, Verschlüsselungen oder Distanzen zu überwinden, um an die Daten heranzukommen.” Mehr als 51.000 Kommentare dieser Art waren am Freitag gepostet.