Wie biometrische Systeme im Jahr 2015 das Leben des Menschen begleiten könnten, hat die Europäische Kommission jetzt zu Papier gebracht. Ihre Vorstellungen und Szenarien sind überaus positiv. Es gibt aber nach wie vor Kritiker, die in der Technik mehr Schaden als Nutzen sehen.
In einer Studie konkretisiert die EU mögliche Einsatzgebiete für die Technik mit organischen Erkennungsmerkmalen. Nachdem man sich für die Aufnahme biometrischer Merkmale in Pässen, Visa und Aufenthaltstitel ab 2006 entschieden habe soll nun vor allem die Politik “den Einsatz der Biometrik aktiv gestalten sollten, anstatt später nur zu reagieren”, heißt es in dem Bericht.
Darin werden Szenarien gemalt wie das Leben mit Fingerabdruck-, Iris- und Gesichtserkennung in ein paar Jahren aussehen könnte. Es kommen Studenten vor, die per Augencheck in die Mensa laufen – oder nicht, wenn die Eltern die Studiengebühren nicht gezahlt haben. Das lässt sich aus den Daten herauslesen, die der Person mit eben der Iris zugeordnet sind. Es geht um Großeltern, die ihre Enkel aus dem Kindergarten abholen wollen und an der Gesichtserkennung scheitern, weil sie – natürlich – mal wieder schnell ein bisschen gealtert sind. Dann kommt aber die Spracherkennung zu Hilfe und erlaubt den Eintritt.
Das klingt amüsant, Biometrie ist aber ein durchaus ernst gemeintes Thema. Seit den Anschlägen vom 11. September 2001 in den USA spielt Sicherheit eine größere Rolle. Auch vorher haben sich Unternehmen, Regierungen und Grenzbeamte um die Sicherheit von Menschen und Daten bemüht. Biometrische Systeme erreichten mit den Jahren aber einen immer höheren Stellenwert. Sie wurden erforscht, verfeinert und inzwischen beginnt die Erdbevölkerung, sich mit ihnen – zwangsläufig – zu arrangieren.
“Biometrie wird selbstverständlich”
Die EU schreibt in ihrem Bericht dazu: “Nach der Entscheidung der EU wird die Biometrik in unserem täglichen Leben einen immer selbstverständlicheren Platz einnehmen. Die Kosten dafür werden sinken, die Menschen werden sie auf Reisen kennen lernen und sich daran gewöhnen, und es werden mit Sicherheit weitere kommerzielle und zivile Anwendungen folgen.”
Das Hauptaugenmerk des Berichts liegt auf der Sicherheit an Flughäfen und Bahnhöfen. Mit der neuen Technik sollen Grenzen sicherer und der Grenzübertritt leichter werden. Terroristen sollen schneller erkannt und aufgehalten werden können. Dass das nicht ganz leicht sein wird, zeigen die Forderungen an verschiedene Bereiche, die die EU noch erfüllt sehen will, bevor Biometrik tatsächlich den gewünschten Erfolg bringen könne.
Es fehlten Standards, um die Interoperabilität der Systeme beispielsweise verschiedener Länder zu gewährleisten. Rechtlich sehen die Hüter aus Brüssel noch große Defizite bei der Umsetzung des Datenschutzes und der Privatsphäre des Einzelnen, um Missbrauch persönlicher Daten zu verhindern. Aus technischer Sicht sollen in naher Zukunft Feldversuche durchgeführt werden, die empirische Daten liefern. Schließlich und enorm wichtig scheint der soziale Aspekt. Es sei erforderlich “gezielt drauf hinzuarbeiten, dass biometrische Anwendungen von den Bürgern angenommen werden, indem ihr Zweck und ihre Grenzen klar vorgegeben werden.”
Gleichzeitig werde aber auch die Gefahr angesprochen, dass ein kleiner, aber wichtiger Teil der Bevölkerung sozial ausgegrenzt werden könnte. Dies könnte der Fall sein, wenn die Bürger nicht bereit sind, die erforderliche Biometrik anzuwenden, oder dies aufgrund von Faktoren wie Alter oder Behinderung nicht können. Künftige Systeme sollten so konzipiert sein, dass es möglichst wenig zu sozialer Ausgrenzung kommen kann.
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