Vierzig Jahre Leistungshunger: Moores Law hat Geburtstag
Eine Verdoppelung der Leistungsfähigkeit von Mikroprozessoren alle zwei Jahre hatte der Intel-Gründer vor vierzig Jahren vorausgesagt. Seine Vision wurde Gesetz.
Am 8. April jährt sich die Veröffentlichung des Mooresche Gesetzes zum 40. Mal. Als Gordon Moore, einer der späteren Mitbegründer der Firma Intel und ihr langjähriger Chef, 1965 einen Fachartikel über die künftige Leistungssteigerung der Prozessoren in der Fachzeitschrift ‘Electronics’ veröffentlichte, konnten sich nur wenige vorstellen, dass Moores damalige Prognose für so lange Zeit Gültigkeit behalten würde.
“Das Mooresche Gesetz wird seine Gültigkeit weitere ein bis zwei Jahrzehnte behalten”, ist sich Shekhar Borkar sicher, bei Intel Direktor der Schaltkreisforschung. Schon heute sei ein Transistor mit Strukturgrößen von 1,5 Nanometern “am Horizont erkennbar”, gibt sich Borkar optimistisch.
Bedarf an einer weiteren Leistungssteigerung der Prozessoren sieht der Intel-Wissenschaftler genug. “Die heute zur Verfügung stehende Rechenleistung reicht nirgends, weder im Home Office, noch in den Unternehmen”, so Borkar. Um beispielsweise künftige Anforderungen an das Data Mining erfüllen zu können, bedürfe es einer weiteren Leistungssteigerung gemäß dem Mooreschen Gesetz.
“Die Spracherkennung ist ein anderes Beispiel”, sagt der gebürtige Inder, denn heute erreiche sie zwar eine Genauigkeit von 99 Prozent, aber um das entscheidende eine Prozent, das eine wirklich überzeugende Qualität schaffen soll, sei ein ungleich höherer Aufwand und damit eine deutlich größere Rechenleistung nötig. Über die Killerapplikation schlechthin, die den Bedarf an den bislang gewohnten Leistungssteigerungen der Prozessortechnik auch in der Zukunft begründet, will Borkar nicht spekulieren: “Killerapplikationen haftet naturgemäß die Eigenschaft an, dass man sie nicht vorausahnen kann”, sagt er mit indischer Weitsicht.
Geht’s noch kleiner?
Um eine weitere Leistungssteigerung der CMOS-Technik im Rhythmus des Mooreschen Gesetzes zu schaffen, muss die Chipbranche jedoch einige Klimmzüge in den kommenden Jahren machen. Heutige Prozessoren werden mit Strukturgrößen von 90 Nanometern gefertigt, wobei als Lichtquelle bei der Lithografie Ultraviolettlaser mit 193 Nanometer Wellenlänge zum Einsatz kommen. Damit man mit ihnen überhaupt 90-Nanometer-Strukturen herstellen kann, muss man die Physik etwas überlisten. Durch diese mathematischen Methoden schaffen es die Chipbauer heute Strukturgrößen zu fertigen, die kleiner als die verwendete Wellenlänge der Lithografieverfahren sind.
Zum Vergleich: das HIV-Virus hat eine Größe von 100 Nanometer, ein menschliches Haar ist nochmals um einen Faktor 1000 dicker. In den Labors gibt es bereits Prototypen mit Strukturgrößen von 30 und sogar 15 Nanometer. Folgt man dem Mooreschen Gesetz, das eine Verdoppelung der Transistorzahl alle anderthalb Jahre voraussagt (Moore korrigierte später auf “zwei Jahre”), dann müssten solche Prozessoren zu Beginn des kommenden Jahrzehnts in die Serienproduktion gehen.
Doch das eigentliche Problem der heutigen Prozessorfertigung ist die Verlustwärme. “Inzwischen erreicht die Leistung des Leckstroms bereits Werte von 30 bis 50 Prozent der nutzbaren Leistung”, sagt Ingo Aller, der im Forschungszentrum von IBM in Böblingen Abteilungsleiter der Prozessorentwicklung ist. Um diesem Problem beizukommen gibt es mehrere technische Ansätze. So genanntes Strained Silicon kommt bereits heute in Transistoren zum Einsatz, um die Mobilität der Ladungsträger zu erhöhen. Dabei ist das Silizium durch Zug- und Druckspannungen in seinen elektronischen Eigenschaften modifiziert worden.