Sind Webseiten wertlos?

Das Vorhalten einer eigenen Website ist heute für nahezu jedes Unternehmen Pflicht. Dabei gibt es eine historische Entwicklung. Zunächst kam es darauf an, überhaupt eine Website zu haben. Heute kommt es darauf an, eine Website zu betreiben, die das Unternehmen angemessen repräsentiert. Damit dies der Fall ist, werden Webauftritte zum Teil sehr aufwendig entwickelt.

Hier spielen mehrere Komponenten eine Rolle. Da ist zunächst das Design einer Website, das auch von der technischen Seite so angelegt sein sollte, dass sie mit verschiedenen Browsern angemessen wiedergegeben wird. Das Erscheinungsbild einer Website wird dabei durch verschiedene Faktoren bestimmt. Dazu zählen, um nur die wichtigsten zu nennen, die gesamte Gestaltung, die programmtechnische Umsetzung, die Einbindung von Grafiken, die Aufbereitung des Content, und viele Positionen mehr. Mit der Frage der Schutzfähigkeit von Webseiten hat sich zunächst das Landgericht Bochum und dann das Oberlandesgericht Hamm (OLG Hamm Urteil vom 24.08.2004 – 4 U 51/04) als nächst höhere Instanz befasst. Das Ergebnis ist nicht befriedigend für Websitedesigner und Webseitenbetreiber.

Der Fall

Die Klägerin wandte sich an das Gericht mit dem Vortrag, die Beklagte hätte drei individualisierte Grafiken und das Layout von der Website der Klägerin entnommen. Kurzum fand es die Klägerin nicht gut, dass ihre Grafiken und ihr Layout “abgekupfert” worden waren. Beide Vorwürfe waren in der Sache richtig. Und so dachte sich das Gericht, “Der Blick ins Gesetz erspart das Geschwätz!” und zitierte Vorschriften aus dem Urhebergesetz und dem Wettbewerbsrecht.

Der Klägerseite wurde erklärt, dass die urheberrechtlichen Vorschriften zum Schutz von Computerprogrammen (§§ 2 Abs. 1 Ziff. 1; 69a, 87a UrhG) nicht einschlägig seien, weil die Klägerin sich mit ihrer Klage auf das äußere Erscheinungsbild der Website bezogen habe und nicht auf die der zugrundeliegenden Programmierung. Der schöpferische Akt liege aber in der Programmierung und nicht in der Visualisierung.

Aber auch hinsichtlich der Grafiken scheitere ein Unterlassungsanspruch der Klägerin nach § 97 UrhG, da diese Grafiken nicht urheberechtlichen Schutz beanspruchen könnten. Urheberrechtlicher Schutz nach § 2 Abs. 1 Ziffer 4 UrhG könne Grafiken nur bei Erreichen einer gewissen Schöpfungshöhe zukommen, dies gelte grundsätzlich auch für am Computer erstelle Grafiken.

Im konkreten Fall fehle es jedenfalls an der erforderlichen Schöpfungshöhe; denn es handelt sich bei den Grafiken im Ausgangspunkt um Fotografien, die am Computer lediglich verfremdet worden sind, um gewisse Hell-Dunkel-Effekte zu erzielen. Es sei nicht ersichtlich, inwieweit dieser Verfremdungseffekt auf besonderen Leistungen der Klägerin beruht, die die Grafiken über das normale handwerkliche Können hinausheben. Die Klägerin habe daher hieraus ebenfalls keinen Anspruch. Es bestehe auch kein Lichtbildschutz gemäß § 72 UrhG, denn dieser Anspruch sei nur schutzbegründend für den Fotographen, das sei die Klägerin aber nicht.

Darüber hinaus läge auch kein Wettbewerbsverstoß der Beklagten vor, denn zunächst einmal gelte der Grundsatz der Nachahmungsfreiheit. Soweit wie hier keine Sonderschutzrechte eingreifen, könne die Klägerin für ihre Grafiken keinen Urheberrechtsschutz beanspruchen. Die Nachahmung beziehungsweise Übernahme sei aber nur dann unlauter, wenn zusätzlich besondere Umstände vorliegen, die zur Unlauterkeit führen. Anderenfalls würden die Wertungen des Urheberrechtsgesetzes unterlaufen. An solchen zusätzlichen Umständen fehlte es hier.

Fazit

Die Klage wurde also abgewiesen. Heißt dies, dass Webseiten keinen Schutz genießen? Nein, bei weitem nicht. Vor einer solchen Schlussfolgerung muss ausdrücklich gewarnt werden. Die Entscheidung muss als Einzelfallentscheidung angesehen werden. Bei einer gerichtlichen Auseinandersetzung sollte aber zukünftig gemeinsam mit dem äußeren Erscheinungsbild auch die Programmierung, sprich der Quelltext der Webseite, mit eingebracht werden.

Wir freuen uns darauf. Klageschriften werden dadurch für Juristen, denen ohnehin eine hohe Technologieaffinität nachgesagt wird, übersichtlicher. Die Ansprüche unserer Mandantin begründen wir demnächst wie folgt: Wie sich aus nachfolgender Darstellung eindeutig ergibt, hat die Klägerin einen Anspruch aus (§§ 2 Abs. 1 Ziff. 1; 69a, 87a UrhG):

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Silicon-Redaktion

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