Verhindert Brüssel die GEZ-Gebühr für Internet-PCs?

EU-Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes hat in einem Schreiben an die EU-Kommission die Legalität der Online-Geschäfte von ARD und ZDF bezweifelt. Das berichtet das Handelsblatt. Es sei fraglich, ob die E-Shops und Mobilfunkdienste von ARD und ZDF mit dem öffentlich-rechtlichen Rundfunkauftrag vereinbar seien, so Kroes.

Bereits im Dezember 2004 hatte Philipp Lowe, Leiter der Generaldirektion Wettbewerb der EU-Kommission, die Online-Inhalte von ARD und ZDF als “über das wettbewerbsrechtlich erträgliche Maß hinausgehend” bezeichnet. Konkrete Beispiele hatte er nicht genannt. Das hat Kroes jetzt nachgeholt.

Hintergrund dieser Äußerungen ist eine Beschwerde des deutschen Privatsenderverbands VPRT. Der Verband forderte die Einhaltung der so genannten ‘Transparenzrichtlinie’. Nach dieser dürfen öffentlich-rechtliche Unternehmen zwar kommerziell aktiv sein, müssen diese Geschäfte aber klar von gebührenfinanzierten Bereichen trennen.

“Das Schreiben (von Kroes) bestätigt eindeutig unsere Kritik, dass die Verwendung der Rundfunkgebühren in Deutschland derzeit nicht transparent und mit dem EU-Wettbewerbsrecht so nicht vereinbar ist”, kommentierte VPRT-Präsident Jürgen Doetz. Es bedürfe einer präzisen Definition des Auftrages von ARD und ZDF und einer Abgrenzung zwischen diesem Auftrag und den kommerziellen Tätigkeiten der Öffentlich-Rechtlichen, insbesondere mit Blick auf deren Online- und Mobilfunk-Aktivitäten.

Diese Abgrenzung ist auch deshalb umstritten, weil sie das Finanzierungssystem von ARD und ZDF berührt. Unter Hinweis darauf, dass ARD und ZDF auch per Internet zu empfangen sind, hatten die Ministerpräsidenten der Länder beschlossen, zum 1. Januar 2007 eine GEZ-Gebühr für Internet-fähige PCs einzuführen. Damit lösten sie unter den Gebührenzahlern einen Sturm der Entrüstung aus.

“Das ist ja ein merkwürdiges Weltbild: jemand erbringt unbestellte Leistungen und fordert per Monopolverordnung eine Zwangsvergütung von allen Benutzern des Verbreitungsmediums – egal ob jene die nicht bestellte Leistung in Anspruch nehmen oder nicht”, so der System-Analytiker Eberhard Spittler gegenüber silicon.de. Er habe diese Leistung jedoch nicht bestellt und wolle sie auch nicht bezahlen.

Wenn ARD und ZDF aufgrund des Drucks aus Brüssel ihre Online-Angebote einschränken müssen, dürfte es für die Öffentlich-Rechtlichen noch schwerer werden, eine GEZ-Gebühr für Internet-PCs zu legitimieren.

Silicon-Redaktion

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