‘Leasingfabrik’ als neue Dienstleistung
Technologiefinanzierungen sind leichter verfügbar als früher, in Deutschland aber schwerer zu erhalten als in anderen Ländern
Vom Bankkredit zum Herstellerleasing
Erwartungsgemäß geht der Trend bei Finanzierungsalternativen hin zum Leasing:
“Unsere Studien haben ergeben, dass sich bis zum Jahr 2006 voraussichtlich knapp 11 Prozent des traditionellen Bankkredits in alternative Finanzierungsinstrumente umwandeln werden. […] Leasingfinanzierungen werden voraussichtlich ein großer Nutznießer der Abkehr vom Relationship Lending sein.” Bei der Vorliebe für Finanzierung aus eigenen Geldmitteln ist das nicht verwunderlich, da sie beim Leasing geschont werden: “Kreditlinien zur Fremdfinanzierung bleiben weitgehend erhalten, […] was zu einem Liquiditätsspielraum führt”, heißt es in der Studie. Bei größeren Unternehmen bilden auch Steueroptimierungsmöglichkeiten einen Anreiz, vor allem wegen unterschiedlicher Steuersätze von Leasingnehmer und -geber.
Zu den finanziellen Vorzügen kommt die technische Flexibilität, die insbesondere bei ITK-Investitionen eine tragende Rolle spielt: “Als weiterer Vorteil von Leasing in diesem Bereich wurde von einigen Unternehmen genannt, dass Neuanschaffungen nicht mehr auf Grund von Abschreibungen oder aus bilanziellen Gründen durchgeführt werden, sondern bei technischer Notwendigkeit.” Und: “Die Leasingraten erleichtern die Steuerung und Kontrolle dieser Kosten.” Insbesondere im ITK-Bereich werden schon lange keine Leasingverträge mehr für einzelne Geräte oder Maschinen abgeschlossen, sondern Gesamtlösungen angeboten.
“Im Finanzierungsumfeld haben wir immer mehr Projekte”, erläutert Jörg Hartmann, Senior Director Marketing & Business Development bei Fujitsu Siemens Computers Deutschland. Man möchte “von der Flexibilität her auf jede Kundenforderung eingehen”. Der Mittelstand, aber auch öffentliche Auftraggeber seien hier wichtige Märkte: “Wir haben Projekte gewonnen, die wir ohne Leasing nicht gewonnen hätten.” Logischerweise geht der “Trend zur Leasingfinanzierung über herstellernahe Gesellschaften”, wie es in der Studie heißt. “Leistungspakete, die Technologie-Updates als Bestandteil eines Finanzierungsvertrages oder eines Wartungsvertrages umfassen, weckten das Interesse aller befragten Unternehmen.” Kai-Otto Landwehr, Geschäftsführer der Siemens Finance & Leasing GmbH (SF&L), bestätigt: “Insgesamt werden maßgeschneiderte Finanzierungspakete, und besonders das Leasing die Technologieinvestitionen erleichtern.” SF&L biete “bedarfsorientierte Finanzierungsmodelle an, die die komplexen Anforderungen aus den Bereichen IT und Telekom berücksichtigen”, wie beispielsweise “Tech Refresh” mit flexiblen Installations- und Austauschphasen in bestehendem Kostenrahmen.
In diesem Geschäft treten die Banken direkt immer weniger in Erscheinung und wenn, dann über ihre Leasing-Töchter. “Der Umbruch des Bankenwesens ist in England schon lange vorbei, Frankreich hat ihn ebenfalls schon lange hinter sich. In Deutschland verläuft der Prozess dagegen etwas schleppend”, beschreibt Dr. Herbert Lohneiß, Vorsitzender der Geschäftsführung von Siemens Financial Services, die Lage. Es bestehe “eine Verhärtung” des deutschen Bankensystems. SFS ist im Projektgeschäft auch flexibel genug, die Produkte von Siemens-Konkurrenten zu finanzieren: “Leasing bietet SFS herstellerunabhängig an, es gibt keine Beschränkung”, erklärt SFS-Chef Lohneiß.
E-Finance und Kundennähe durch persönlichen Kontakt
Für die relativ ungünstige Situation von Softwarefinanzierung über Leasing gibt die Studie Gründe an: “Softwarefinanzierungen leiden unter den Unsicherheiten bei den Steuerfreibeträgen für Softwarevermögenswerte in Leasingverträgen.” Sehr positiv hat sich dagegen das E-Leasing-Geschäft entwickelt – “vor allem für kleinvolumige Technologieinvestitionen (mit einem Wert zwischen 1.000 Euro und 100.000 Euro)”. Damit können Hersteller und Zwischenhändler ihrer Klientel mit einem schnellen und einfach zu handhabenden Finanzierungsinstrument Leasing-Verträge anbieten. SFS arbeitet beispielsweise mit seinem eigenen Online-Leasing-System ‘capaxx’.
Während des Internetbooms waren die Prognosen von Analysten diesbezüglich zu rosig gewesen, aber: “Zurzeit erleben wir jedoch eine leise Revolution. Analysten tendieren dazu, die Geschwindigkeit von Veränderungen im Kurzfristbereich zu überschätzen und im Langfristbereich zu unterschätzen. […] E-Finance für Betriebsinvestitionen wächst rapide, allerdings anders als erwartet.” Die professionellen Zukunftsdeuter hatten den menschlichen Faktor unterschätzt: Sie hatten eine Vollautomatisierung vorhergesagt, dabei aber nicht bedacht, dass zwischen all der Elektronik die direkten Beziehungen zwischen Menschen durchaus geschätzt werden: “Customer Relationship Management (CRM) gilt nach wie vor als Gütesiegel eines guten Anbieters. So erwarten Kunden heute verstärkt einen auf sie zugeschnittenen persönlichen Kontakt.” In diesem Sinne dürfte Professor Steiner mit seinem Vorschlag der “Leasingfabrik als neuer Dienstleistung” durchaus richtig liegen.