Mörderkult im Internet
Jetzt müssen Erinnerungsstücke von Verbrechern her, die dann in der Wohnzimmervitrine zu besichtigen sind
Dass Mord und Totschlag eine ganz besondere Faszination haben, das weiß jeder. Inzwischen scheint es aber einigen nicht mehr zu genügen, von den Gräueltaten mancher Menschen zu hören oder Berichte davon im Fernsehen anzuschauen. Jetzt müssen Erinnerungsstücke der Verbrecher her, die dann in der Wohnzimmervitrine zu besichtigen sind.
Den Drang der Kuriositätensammler befriedigt beispielsweise Tod Bohannon. Der 28-jährige Manager einer Logistikfirma führt eine Webseite namens ‘murderauction.com’ und versteigert dort rund 800 Souvenirs, darunter Haare des inhaftierten Sekten-Mörders Charles Manson oder ein Gemälde des 1994 hingerichteten amerikanischen Serienkillers John Wayne Gacy, der in den 70er Jahren 33 Männer und Jungen umbrachte. Das Bild brachte 10.000 Dollar.
Alles was mit Manson zu tun hat ist ein Auktionsschlager, berichtet die Nachrichtenagentur AFP. Die ganze Familie war ja berüchtigt und brachte sich Ende der 60er Jahre immer wieder durch bestialische Morde in die Schlagzeilen. Das berühmteste Opfer war Sharon Tate, schwangere Frau von Filmregisseur Roman Polanski. Manson sitzt seit mehr als 30 Jahren im Gefängnis und ist zur Kultfigur geworden. Der Künstler Marilyn Manson beispielsweise hat sich seinen Namen aus der blonden Monroe und eben Charles Manson zusammengebastelt.
Auch andere Webseiten gehen mit Manson hausieren. ‘supernaught.com’ zum Beispiel. Dort kann eine Skizze des inzwischen siebzigjährigen für 800 Dollar erworben werden oder die Kopie eines Polaroid-Fotos, verziert mit ein paar Haaren Mansons, die 100 Dollar wert sein soll.
Seit das größte Online-Auktionshaus Ebay die Versteigerung solcher Devotionalien auf den eigenen Seiten unterbindet, blühen Internet-Angebote anderswo im Netz. Der Erlös ist für manche gut angelegt. So ordnete ein US-Richter im vergangenen Monat die Versteigerung von persönlichen Gegenständen des Unabombers Ted Kaczynski an, um aus dem Erlös die millionenschwere Entschädigung für seine Opfer zu zahlen. Zu den Angeboten zählten neben Zahnspangen und Schuhen eine Schreibmasche sowie mehrere der langatmigen Briefe Kaczynskis, der 18 Jahre lang Terror per Briefbomben verbreitete, ehe er 1996 festgenommen wurde.
Andere finden die Auktionen “einfach schrecklich”. Terry Thornton von der kalifornischen Strafvollzugsbehörde ist der Meinung, dass “Mörder nicht auch noch aus ihren Taten Gewinn schlagen sollten”. In vier US-Staaten ist der Handel mit den gruseligen Souvenirs deshalb verboten.
Für Robert Thompson, Leiter des Instituts für Popkultur an der Syracuse University, ist das alles ganz logisch. “Unsere Gesellschaft ist doch besessen von dem ganzen Prominenten-Kram. Das ist wie damals, als Elvis seinen Schweiß abtrocknete und dann die Handtücher in die Menge warf.”