IT im Wahlkampf – die Versprechungen der Parteien

Der Turbowahlkampf 2005 brodelt wortgewaltig auf Hochtouren. Doch die IT-Branche hat es schwer, sich im Parolengetöse Gehör zu verschaffen.

Dafür hielt sein Innenminister Otto Schily kürzlich beim acatech Symposium ‘Computer in der Alltagswelt – Chancen für Deutschland?’ eine Keynote-Rede, die sich wie ein IT-Wahlprogramm liest. “Ich werde mich jedenfalls für diese neue intelligente Technik einsetzen und zwar aus sicherheitspolitischen ebenso wie aus wirtschafts- und technologiepolitischen Gründen”, beteuerte er. Zudem empfiehlt er den Unternehmen eine Konzentration auf Chipkarten- und Sicherheitstechnologien, sowie Kryptologie und Biometrie. Der Innovations- ist eben auch und in erster Linie der Innenminister.

Programme ohne Aussage

In ihren Wahlprogrammen bleiben jedoch sowohl SPD als auch CDU weitgehend an der Oberfläche. Beide versprechen Anstrengungen für innovative Wirtschaftsbereiche, zu denen sie auch die ITK-Branche zählen, die SPD will außerdem “im Bereich der neuen Kriminalität wirkungsvolle Bekämpfungsinstrumente entwickeln”. Bei der CDU finden sich dafür einige Extra-Zeilen zum Thema eGovernment. Beide wollen die Ausgaben für Forschung und Entwicklung auf 3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts steigern. Das ist nicht viel, worauf man eine Partei und ihre Führungsköpfe am Ende einer Legislaturperiode im Zweifelsfall festnageln kann.

Trotz dieser mageren Aussagen betonen beide – allerdings erst auf Nachfrage – die Bedeutung der IT-Branche für den Arbeitsmarkt. “Die Informations- und Kommunikationstechnologie ist ein Zukunfts- und mittlerweile auch wieder ein Wachstumsmarkt”, sagt Staatssekretär Pfaffenbach. “Die Branche ist eine der ersten, die nach den schwierigen letzten Jahren wieder Arbeitsplätze schafft. Deshalb steht sie im Zentrum der Politik der nächsten Jahre.”

“Sie ist selbst innovativ und schafft darüber hinaus Prozessinnovationen mit Effizienzsteigerung in zahlreichen anderen Branchen”, heißt es von CDU-Expertin Krogmann. “Gerade die IT-Branche ist einem extrem schnelllebigen, globalen Wettbewerb ausgesetzt. Deshalb müssen schnell die richtigen politischen Entscheidungen getroffen werden, damit die IT-Branche ihr enormes Potential als Jobmaschine in Deutschland voll ausschöpfen kann. In den vergangenen sieben Jahren war zu keiner Zeit ein stringentes politisches Konzept erkennbar.”

Sollte es zu einem Regierungswechsel kommen, könnte der potentielle Koalitionspartner der Union FDP heißen. Ähnlich wie bei der CDU ist man dort der Meinung, dass die jetzige Bundesregierung die zentrale Bedeutung der IT-Branche in den vergangenen Jahren nicht erkannt hat. “Sicherlich hätte im IT-Bereich die Liberalisierung der Telekommunikationsmärkte mutiger fortgeführt werden können”, sagt der FDP-Wirtschaftsexperte Rainer Brüderle im Interview mit silicon.de. “Auch ist es nicht gelungen, dem IT-Fachkräftemangel kurzfristig durch flexiblere Zuwanderungsregelungen und langfristig durch mutige Bildungsreformen zu begegnen.”

Dieser Entwicklung habe auch der grüne Koalitionspartner der SPD wenig entgegenzusetzen – eine Partei, die, wie Brüderle betont, in ihrem ersten Wahlprogramm “uns vor Computern warnte”. Dieses Pamphlet freilich entstand vor rund 25 Jahren und stammt damit aus der “Sturm-und-Drang-Zeit” der Grünen. Das aktuelle Wahlprogramm geht derweil recht detailliert auf die Belange der IT-Branche ein. Darüber hinaus initiierte die Partei im Juni das erste ‘Polit-Wiki’ in Deutschland. Die Beiträge flossen in den Vorstandsbeschluss ‘Offen und vielfältig – grüne Wege in die digitale Gesellschaft ein’. Einiges davon hat auch den Weg ins Wahlprogramm gefunden, beispielsweise zu den Themen Datenschutz, RFID oder Kopierschutz. Ausdrücklich bezeichnet sich die Partei als “technikfreundlich” und fordert, dass sich Portale, Wikis und Foren im Netz so frei wie möglich entfalten können. Fast bekommt man den Verdacht, dass dem virtuellen Umfeld, dass die IT-Branche braucht, um sich zu entfalten, ein paar grüne Farbtupfer nicht schaden können.

Doch wenn es ans Eingemachte geht, fehlt auch dieser Partei der tiefere Sinn für die Branche. Das Eingemachte sind in diesem Fall Weblogs – sie sind in diesem Wahlkampf der letzte Schrei. “Ranghöchste bloggende Politikerin” Deutschlands ist Bundesjustizministerin Brigitte Zypries, für die FDP tut es Hermann Otto Solms auf quietschgelbem Hintergrund, Katrin Göring-Eckhardt bloggt in knallgrün und die CDU schickt Katharina Reiche – etwas farblos – ins Rennen. Derzeit sind die Blogs jedoch kaum in die Wahlkampfstrategien der Parteien eingebunden und das, sagt der Hamburger Politikwissenschaftler Hans Kleinsteuber, merke man auch an der Qualität der Angebote. Ein bisschen fremd sind die Besonderheiten der die IT-Branche den Politikern halt doch noch.