Viele Unternehmen befinden sich derzeit in einer Phase der Transformation – ob nach innen gerichtet zum Mitarbeiter und der Organisation oder nach außen zu Kunden oder Lieferanten. Zur Steigerung der Effektivität – also der Wirksamkeit des Handels – sind Innovationen notwendig, die diese Transformationen erst ermöglichen, beziehungsweise unterstützen. Business Process Outsourcing (BPO), also das Auslagern von Geschäftsprozessen an einen Dienstleister, kann solche Transformationen nachhaltiger gestalten, als das Unternehmen dazu selbst in der Lage wäre.
Die BPO-Aufgabenstellung sollte allerdings weiter gehen, als lediglich operative Prozesse oder Funktionen schneller und kostengünstiger – also effizienter – zu machen. Es gibt verschiedene Sourcing-Strategien, welche den Umfang und Zielsetzung eines Outsourcing-Vorhabens im Wesentlichen beeinflussen. Eine Entlastungsstrategie zielt vornehmlich auf Kosteneffekte. Da Businessprozesse aber viel Nähe zum Kerngeschäft und oft zu Kunden, Lieferanten, Partnern und Mitarbeitern haben, ist zu überlegen, ob das Hauptmotiv eine Erweiterungsstrategie sein sollte. Diese konzentriert sich mehr auf die strategischen Wachstums- und Wertsteigerungsziele des gesamten Unternehmens.
Eine aktuelle Studie der Universität Hamburg zeigt, wie die BPO-Ziele die Wahl der Prozesse für BPO beeinflussen können. Heute verfolgen 65 Prozent der deutschen Großunternehmen mit dem Outsourcing von Geschäftsprozessen vor allem eine Entlastungsstrategie, um insbesondere Kosten und Risiken zu senken. Eingespart werden durchschnittlich 25 Prozent, wobei das Personal im Mittel um rund 21 Prozent abgebaut wird. Erfolgsrelevant hierfür sind die eigentumsbasierten Ressourcen.
Eine Erweiterungsstrategie, die sich auf strategische Wachstums- und Wertsteigerungsziele des Unternehmens konzentriert, wird in Deutschland in immerhin gut einem Drittel der Fälle mit dem Outsourcing von Geschäftsprozessen verbunden. Bei dieser Strategie kommt es besonders auf wissensbasierte Ressourcen an.
Prozessinnovation vs. Prozessoptimierung
Damit Prozesse im Zuge von BPO nicht nur einfach übernommen, sondern qualitativ und kostenmäßig entscheidend verbessert werden können, spielt die Prozessinnovation eine ganz entscheidende Rolle. So lassen sich aus der reinen Prozessoptimierung in der Regel nur geringe Effekte erzielen. Wer ausschließlich auf die Verbilligung der Lohnkosten setzt, sei es durch Verlagerung von Arbeitsplätzen an vermeintlich günstige Standorte oder durch Lohnkosteneinschnitte, springt zu kurz.
Erst die Kombination aus geschickter Prozessgestaltung, Skalierung von Arbeitsvolumina, IT-Unterstützung und der tatsächlichen Umsetzung innovativer unternehmerischer Konzepte führt zum nachhaltigen Erfolg beim BPO. Ein umfassendes BPO kann somit Katalysator für eine Transformation sein und entscheidend zum geschäftlichen Erfolg beitragen.
Die Innovation kann sich auf die eingesetzte Technologie beziehen (Workflow-Management in der Buchhaltung zu Beginn der 90er Jahre), auf die geschickte Kombination von Onshore-, Nearshore- und Offshore-Komponenten (unter anderem das ‘Follow the Sun’-Prinzip zur Sicherstellung des 24-Stunden-Service) oder auf die intelligente Automatisierung von Prozess-Schritten (Self-Services mit Portaltechnologien im Personal- oder Einkaufsbereich).
Ein Lehrsatz der Management-Literatur verlangt die Konzentration auf Kernprozesse. Übersetzt auf das BPO-Geschäft verlangt der Lehrsatz, strategisch handeln zu können, ohne sich operativ zu belasten. Das ist eines der Grundprinzipien des BPO wie auch des IT-Outsourcings. Das auslagernde Unternehmen soll sich auf die Gesamtheit derjenigen Prozesse konzentrieren, die wettbewerbsdifferenzierend sind. Prozesse, wie Buchhaltung, Personalverwaltung, Einkauf von ‘C-Materialien’, Kunden-Kontakt-Center oder operative Logistik, sind jedoch in jedem Fall potenzielle Kandidaten für BPO. Für den BPO-Anbieter sind wiederum diese Prozesse, die er als Dienstleistung anbietet, Kerngeschäft.
Was in diesen Prozessen zu tun ist, muss das auslagernde Unternehmen fest im Griff behalten, wie es zu tun ist, entscheidet jedoch der BPO-Dienstleister.
Der Dienstleister bringt sein Prozess-Know-how, seine Branchenkenntnisse, Erfahrungen und Expertise ein. Die wissensbasierten Ressourcen des Outsourcers sind ein erheblicher Beitrag für die Umsetzung des Vertrags. Nur so ist eine wettbewerbsdifferenzierte Strategie mit einem Partner zu gestalten und umsetzbar. Innovationen werden nicht nur einmalig zu Beginn der operativen Verantwortung durch den BPO-Dienstleister geleistet, sondern es handelt sich hier um einen kontinuierlichen Prozess. Insbesondere ‘Gain- and Riskshare’-Preismodelle motivieren beide Vertragspartner, mit hohem Interesse die Transformation voran zu treiben und stetig nach Verbesserungen zu suchen.
Keine Reform ohne Widerstand
Zwischen der Erkenntnis, dass das Unternehmen ein Effizienzpotenzial ausschöpfen kann, und dessen Erschließung liegt jedoch ein nicht immer einfacher Weg: Die Realisierung eines solchen Vorhabens von der Entscheidungs- bis zur Betriebsphase stellt die Unternehmensleitung vor große Herausforderungen. Eine sorgfältige Planung hilft jedoch, mögliche Klippen zu umschiffen.
Verschiedene Gruppen im Unternehmen sind unterschiedlich stark an der Umsetzung von BPO-Lösungen interessiert. In der Umsetzung liegt gleichzeitig aber auch eine der größten Herausforderungen, denn die Outsourcing-Entscheidungen werden in der Regel von der Unternehmensleitung initiiert und bestimmt. Wegen der betrieblichen Mitbestimmung scheinen somit Interessenkonflikte vorprogrammiert.
Die Unternehmensleitung muss mit einer geeigneten Kommunikationsstrategie gegenüber der Belegschaft eine konstruktive Haltung zum Outsourcing erzeugen. Irritationen bei den Mitarbeitern können aus folgenden Aspekten resultieren:
– Zu starke Einflussnahme des Dienstleisters (Know-how Verlust)
– Angst vor Kontrollverlust oder Abhängigkeit vom Dienstleister
– Einschränkung der Entscheidungsfreiheit
– Sicherheitsbedenken (zum Beispiel in Sachen Datenschutz)
– Angst vor ‘Machteinbuße’ wegen Verkleinerung des Teams
– Verminderung der Service-Qualität durch Verlagerung
– Unsicherheit bei den rechtlichen Rahmenbedingungen (zum Beispiel im Zusammenhang mit Personalübergang).
Ein ausgeprägtes ‘Akzeptanz-Management’, der Umgang mit der Betroffenheit der Mitarbeiter, ist deshalb auch eine der besonders wichtigen Aufgaben innerhalb eines BPO-Projektes. Schlüsselfaktor ist dabei die Kommunikation. Durch rechtzeitige und offene Kommunikation wird das Management nicht nur seiner Verantwortung gegenüber den betroffenen Führungskräften und Mitarbeitern gerecht, sondern beugt zugleich möglichen Struktur- und Organisationsproblemen vor.
Im zweiten Teil unserer Serie zum Thema Business Process Outsourcing lesen Sie über den taktischen und strategischen Nutzen von BPO.
Der komplette Bitkom-Leitfaden zum Business Process Outsourcing kann als PDF hier heruntergeladen werden.
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