Revival-Party für Storage Service Provider?

Das Konzept der SSPs ist eigentlich vor vier Jahren begraben worden. Es gibt sie aber wieder und sie trommeln für ihre Sache. Branchenkenner und Anwender sind skeptisch.

Wer hat Angst vorm SSP? – Der Anwender!

Dass es möglicherweise – einmal abgesehen vom Dotcom-Niedergang – nur an der Kooperationsbereitschaft gemangelt haben könnte und die Kosten-Nutzen-Rechnung nicht aufging, dass SSPs zur Internetgeschichte gehören, daran muss gezweifelt werden. Es hat das Vertrauen der Anwender gefehlt, darüber sind sich alle unisono einig. Geschäftskritische Daten aus der eigenen in die Hand eines Fremden zu legen, das war einfach zu viel verlangt in einer Zeit, in der die Bedeutung von digitaler Information gerade frisch ins Bewusstsein sickerte.

Warum also, fragt man sich, sollte es heute anders sein? Keiner zweifelt mehr daran, dass Information in Zukunft fast ausnahmslos elektronisch sein wird, im täglichen Geschäftsverkehr wie im Archiv. Ein Schaden auf dieser Ebene ist Existenz bedrohend. Könnte man nicht gerade deshalb den schwarzen Peter einem SSP zuschieben, der verantwortlich gemacht werden könnte für die Nichteinhaltung von Compliance-Regeln oder Sicherheitsstandards? IBMer Walbrodt hat hier seine Erfahrungen gemacht. “Der Anwender bleibt, was das angeht, zurückhaltend.” Sun-Storage-Experte Müller hält es ähnlich, und beide gehen mit der silicon.de-Umfrage konform, dass “der Anwender seine Daten immer noch lieber behält”.

Asfour muss und will da Überzeugungsarbeit leisten. Bis Vertrauen hergestellt ist, mag es eine Weile dauern, aber wenn alles funktioniert, dann gebe der Anwender ohne schlechtes Gewissen auch mehr ab, hat er in der Praxis erfahren. Hilfreich sei ein Besuch im Rechenzentrum. “Wenn der Anwender sieht wie gearbeitet wird, mit Videoüberwachung, Sicherheitsfunktionen und abgesicherter Stromversorgung, dann ist er beruhigt.” Für ihn bemerkenswert ist aber, dass so mancher Kunde immer noch fragt, wo sich das Rechenzentrum befindet. “Ist es im Ausland, steigt so mancher potenzieller Vertragspartner aus”, muss Asfour einräumen. Verstehen mag er das nicht, denn die Technologie bei Colt verfüge überall über den gleichen Standard.

SSPs contra Online Backup

Glaubt der Colt-Mann, bald wieder Konkurrenz auf dem SSP-Markt zu bekommen? So schnell nicht, “wegen des Vorteils der eigenen Leitungen”. Gespannt ist er jedoch, ob mit der Zeit die ‘alten’ SSPs wieder erstarken und aus den Fehlern von damals gelernt haben werden.

Für die Experten der Storage-Services bei IBM und Sun gibt es indes kein Zurück. Die Zukunft liege in der On-demand-Strategie im Unternehmen, glauben sowohl Müller als auch Walbrodt. Da gebe es noch eine Menge Perspektiven. Sie spielen auf den Kostenfaktor für das Management von beweglichen und unbeweglichen Daten an. Walbrodt legt viel Herzblut in die Virtualisierungstechnik, die Speicherressourcen besser auslasten und somit Kosten senken kann. Aus der Sicht von Sun steht der Anwender mit einem Utility-Modell besser da, weil er “kein Eigentum erwerben muss und damit flexibler ist”. Bei einem Storage-Leasing vom SSP müsse sich der Kunde entscheiden, wieviel Speicher er braucht. Das will Colt eben mit seinem On-Demand-Angebot umgehen, was Müller als betriebswirtschaftlich ungünstig beschrieben hat, weil SSPs hier nicht mehr mit den Kosten kalkulieren könnten.

Fremdmanagement hat indes Konjunktur. Beispielsweise bietet Iron Mountain unter anderem Online-Backup an und wirbt mit eigenen, redundanten Rechenzentren, in denen die Backup-Daten gelagert sind und auf die der IT-Manager des jeweiligen Unternehmens jederzeit zugreifen kann. Der Vorteil ist, dass sich die IT-Mannschaft nicht um die kritischen Prozesse wie Backup und Disaster Recovery kümmern muss, das gerade beim Management verteilter Daten eine echte Herausforderung ist. Außerdem liegt anderswo immer ein kompletter Datensatz zur Sicherheit, sollte die eigenen Firmen-IT zusammenbrechen.

Auch das war vor ein paar Jahren noch fast undenkbar. Die Latenzzeiten waren zu lang und es gab keine Standards, sodass die IT im Unternehmen nicht selten mit der im Rechenzentrum des SSPs nicht kompatibel waren. Das hat sich insofern geändert, als dass der Standard ‘SMI-S’ für das Speicher-Management endlich durch ist, Fibre Channel und iSCSI für Geschwindigkeit sorgen und MPLS (Mulitprotocol Label Switching) den Quality of Service zu gewährleisten versucht.

Die silicon-Leser haben ein eindeutiges Votum gegen SSPs abgegeben. Doch so wie der Hype von damals relativ gesehen werden musste, ist vielleicht auch die Ablehnung nur vorübergehend. Die Konkurrenz-Strategien sind allerdings nicht zu vernachlässigen und dem Anwender derzeit sympathischer. Die Party ist möglicherweise nur verschoben.

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