Web Services bescheren Mainframes einen zweiten Frühling
Mainframe-Transaktionen sollen durch Web-Services wesentlich mehr Anwendungen als bisher zur Verfügung stehen.
Doch auch diese Aufgabe ist nicht frei von Herausforderungen. Möglicherweise ist die größte nicht mal eine technische, sondern eine mentale. “Die Mainframe-Community ist sehr konservativ”, erklärt Joseph Hunt von Iona. Sich zu öffnen sei schön und gut, nur müssten dieselben Maßstäbe in puncto Sicherheit und Zuverlässigkeit angelegt werden. Zudem müssten die Herrscher über die großen, eigenständigen Maschinen das Heft ein Stück weit aus der Hand geben, denn durch die Einbindung in einer größeren Landschaft findet man sich plötzlich als Teil einer größeren Struktur wieder.
Das fällt nicht leicht. Eine heterogene IT-Landschaft aus Mainframes, Unix-Servern, Web-Servern und Clients jeder erdenklichen Couleur ist ein Alptraum in Sachen Management. Die Tools dafür sind größtenteils ebenfalls heterogen und haben Lücken. Nicht zuletzt deswegen versucht IBM in der neuen Version von Tivoli genau diesen Spagat zu schaffen: Management und Überwachung vom Mainframe bis zum Client aus derselben Konsole. Wie gut das gelingt, wird man beim Launch des Produkts Anfang nächsten Jahres sehen.
Es geht nicht nur um Technologie
Es sind auch nicht gerade die Mainframe-Verwalter, von denen die Initiative zur Öffnung und Integration ausgeht. “Die Problemstellung heißt nicht, wie kann ich mein Mainframe an die Außenwelt anschließen”, erklärt Hunt. “Wir sprechen so gut wie nie als erstes mit den Mainframe-Leuten. Die Problemstellung heißt eher, ‘Wie kann ich meine Anwendung an das Mainframe anschließen, weil ich Zugriff auf dessen Daten brauche’. Es sind die Anwendungsbetreuer, die die Integration suchen.”
Immerhin sei durch die Fülle positiver Resultate in den letzten Jahren die Skepsis etwas gewichen. Einmal im Projekt, müssen sich die Manager allerdings mit neuen Denkweisen auseinandersetzen. “Service-orientierte Architekturen kann man nicht kaufen, man muss die aufbauen”, sagt Wico van Helden von Seagull. “SOA ist Teil einer Prozessinnovation, es geht nicht mehr nur um Technologie. Man muss neue Tools, aber auch neue Methoden und Prozesse einsetzen und die Herausforderung dabei ist, alle im Team immer auf dem gleichen Stand zu halten.”
Letzteres dürfte nicht immer einfach sein. Nach Ansicht von Massimo Pezzini von Gartner sind Mainframe-Administratoren in der Regel mit Dingen wie Java und Web-Technologien nicht vertraut. Zudem genießen diese in ihren Augen nicht unbedingt den Ruf, besonders sicher zu sein. Sicherheit wird aber im Mainframe-Umfeld ganz groß geschrieben. Meist handelt es sich bei den großen Maschinen um Business-kritische Anwendungen, da darf durch die Anbindung an eine unsicherere Struktur der Betrieb nicht gefährdet werden.
Erfreuliche Marktkonsolidierung
Die angebotenen Tools für die Integration und den Aufbau von Web Services hätten sich andererseits schon bewährt, meint Pezzini. “Es sind technisch gesehen reife Produkte, doch das Mainframe-Umfeld ist sehr komplex.” Das Problem sei aus Anwendersicht eher ein anderes: “Kein Hersteller ist momentan in der Lage, alle relevanten Technologien abzudecken. Als Anwender ist man meist bei einem Projekt darauf angewiesen, Produkte mehrerer Hersteller einzusetzen, und das macht die Sache kompliziert.”
Pezzini begrüßt deswegen die Konsolidierung des Marktes in den letzten 12 Monaten. Vor einem Jahr gab es etwa ein Dutzend Hersteller, die sich in diesem Bereich tummelten, heute sind es eher ein halbes Dutzend. Als wichtigstes Ereignis in diesem Rahmen sieht Pezzini den Merger zwischen WRQ und Attachmate, aber es war nicht der einzige. Außer den Zukäufen von Seagull hat sich Neon Systems ClientSoft und InnerAccess einverleibt. Seinen Marsch in Richtung Enterprise Service Bus (ESB) beschleunigt Neon durch eine Partnerschaft mit Webmethods. Auch Seagull nähert sich dem Thema ESB über eine Allianz, diesmal mit Cordys Systems.
ESB scheint sich denn auch als der Königsweg für die Anbindung von Mainframes heraus zu kristallisieren. Neon Systems hat erst letzten Monat mit ‘Shadow Real-Time Enterprise’ ein ESB-System speziell für Mainframes vorgestellt, Seagull nutzt das Cordys ESB um XML- und SOAP-Schnittstellen (Simple Object Accesss Protocol) für Mainframes, iSeries und Unix-Rechner zu produzieren. Joseph Hunt von Iona kann sich auf solche Ankündigungen hin einen Seitenhieb nicht verkneifen: “Das bestätigt nur die Richtung, die wir schon längst eingeschlagen haben.” Mit ‘Artix’ hatte der Hersteller bereits 2003 einen “erweiterbaren” ESB im Programm.