Kommt WiMAX zu spät?

Zwischen WLAN, Mesh und GSM ist WiMAX als Backbone für kabellose Netze prädestiniert. Wenn die anderen nicht schneller sind.

Wärmeentwicklung, Stromverbrauch und die Verschiebung der Wellenlänge über den Doppler-Effekt bei bewegten Empfängern sind hingegen die technischen Herausforderungen. Solche Fragen haben bei dem stationären Standard bisher nur eine untergeordnete Rolle gespielt. Und noch ein weiteres Problem tut sich auf: Geräte mit Support für 802.16d, also Fixed WiMAX, und Geräte für 802.16e für den mobilen Einsatz sind nicht kompatibel.

Doch wie sehen die Einsatz-Szenarien für ein mobiles WiMAX überhaupt aus? Die Entlastung für den Datenverkehr von UMTS-Netzen ist ein mögliches Szenario. Aber auch hier sieht der Gartner-Analyst wenig Bedarf. “Wann werden die mobilen Datenvolumina so groß sein, dass die derzeit ohnehin nicht stark ausgelasteten 3G-Netze (UMTS) an ihre Grenzen stoßen?”

Dennoch hindert das alles Hersteller wie Nokia nicht, weiter fleißig Technologien zu entwickeln, die sich unter dem Standard 802.16e versammeln sollen. Die Finnen verkündeten bereits stolz, dass sie “unter Laborbedingungen” große Datenmengen auf einen mobilen Empfänger übertragen haben. Im Jahr 2006 will der Handyausrüster nach eigenen Angaben die Entwicklung noch weiter intensivieren.

Neben Nokia treiben unter anderem auch Intel und Motorola gemeinsam den mobilen Standard 802.16e voran. Die ersten Produkte will der TK-Ausrüster Motorola im zweiten Quartal 2006 auf den Markt bringen.

WiMAX-Chips haben nicht nur hohe Übertragungsraten. Motorola verkündet bis zu 20 Mbit pro Sekunde. Im Vergleich dazu schafft GPRS (General Packet Radio Service) im Optimalfall 114 Kbit pro Sekunde, realistischer sind aber 30 bis 70 Kbit pro Sekunde. Bei diesen Bandbreiten entwickeln die WiMAX-Chips aber auch einen besonders großen Appetit auf Strom. Ausrüster wie Nortel sehen wegen des hohen Energiebedarfs in den nächsten zwei Jahren wenig Chancen auf marktreife, WiMAX-fähige Handys oder PDAs.

Vor dem Standard liegt noch viel Arbeit

Die Standardisierung für den Mobil-Standard hat sich lange hingezögert. Und auch jetzt, da das IEEE den aktuellen Entwurf verabschiedet hat, sind die Spezifikationen noch nicht so detailliert ausformuliert, dass die Hersteller gleich mit der Massenproduktion starten könnten.

So ist das IEEE der Einschätzung Gartners zuvorgekommen. Die Marktforscher sind davon ausgegangen, dass etwa Mitte 2006 der WiMAX-Standard von dem Standardisierungsgremium verabschiedet wird. Nun sollen schon im ersten Quartal Tests und Produktion von Geräten und Netzwerkkomponenten beginnen. “Mitte 2006 erwarten wir einen rapiden Preisrückgang bei den Komponenten”, erklärt Keene. “2006 oder 2007 wird es die ersten großen Deployments mit WiMAX geben”, schätzt Phil Edholm, CTO von Nortel.

Dennoch wird es auch künftig auf dem Mark viele verschiedene Technologien geben, meint Gartner-Analyst Ian Keene. “Die Hersteller wollen sich nicht auf einen Standard festnageln lassen.” Und schon jetzt gebe es auch ohne den Rahmen der IEEE-Spezifikationen vereinzelt Anwendungen in der Praxis, betont der Analyst. Allerdings bisher nur in Nischen. Ähnlich bewertet Siemens das Thema und sieht WiMAX vor allem als “Ergänzung” zu anderen Technologien.

Neben Fragen der Sicherheit, Verlässlichkeit und der Standardisierung wird auch der Preis über das Wohl und Wehe von WiMAX entscheiden. Sobald aber die Massenfertigung angelaufen sei, könnten auch weniger entwickelte Regionen, wie etwa Osteuropa, mit kabellosen Breitbandanschlüssen versorgt werden, prognostiziert Keene.

Nortel-CTO Edholm räumt WiMAX – anders als Keene – jedoch das Potenzial ein, sich als Gegenspieler von Mobilfunkstandards zu entwickeln: “Wie sich WiMAX entwickeln wird, hängt auch davon ab, inwieweit 3G zwischenzeitlich angenommen wird. Wird WiMAX aber WiFi ablösen? Jedenfalls nicht in naher Zukunft”, glaubt Edholm.