Nanotechnologie in Deutschland – eine Branche am Scheideweg
Deutschlands Nanoforscher haben weltweit die Nase vorn – können ihr Wissen aber nicht zu Geld machen. Sie haben ein Standortproblem.
Mit Finanzspritzen alleine ist es jedoch noch lange nicht getan. Denn oft gehen die Geschäftsmodelle der Unternehmensgründer an den Bedürfnissen des Marktes vorbei und haben ein Managementproblem, kaum dass die Firma gegründet ist. Dennoch werden solche Pflänzchen dann eine ganze Weile künstlich mit staatlichen Fördermitteln am Leben erhalten, um am Ende doch einzugehen. Sinnvoller ist deshalb nach Meinung der Experten ein Investorenkonsortium, das in den ersten fünf bis acht schwierigen Jahren einen sicheren, finanziellen Rückhalt bieten kann.
Verhängnisvolles Zögern und Zaudern
Dem steht jedoch ein grundsätzlicher “Mangel an Unternehmergeist, Mangel an Marketing und eine weit verbreitete Risiko-Aversion” im Weg, beklagt Professor Thomas Bayerl. Der Physiker arbeitet bei der Investmentfirma Atila Ventures und sagt, dass auch das Thema Patent-Lizenzierung in Deutschland ein großer Bremsklotz ist. Er berichtet von einer Universität, die mit Blick auf dieses Thema länger als drei Monate über eine Firmenausgründung nachgedacht hat. “Da ist so ein Deal tot”, so das harte Urteil des Fachmanns.
Der Rückgang der Anmeldungen für Nanopatente in den vergangenen Jahren reflektiere die Erkenntnis vieler Erfinder, dass sich der Aufwand am Ende nicht lohnt. “Man muss die Strukturen schaffen, um lange Patentkämpfe durchzustehen. Nur aus gut verteidigten Patenten kommt später viel Geld.” Dazu bedarf es nach Bayerls Worten von Anfang an exzellenter Experten für geistiges Eigentum. Nur so könnten in kurzer Zeit gute Lizenzen entwickelt werden.
“Riesen-Investitionen” in die Patente müssten am Anfang auf alle Fälle eingeplant werden. Eine deutsche Universität kann das in aller Regel nicht alleine stemmen, da die notwendige kritische Masse nicht erreicht wird. Die Folge: bei der Patentinitiative der Bayerischen Hochschulen ‘Bayernpatent’ wurden in den vergangenen viereinhalb Jahren rund 300 Patente angemeldet. Eine Zahl, die in den USA innerhalb eines Jahres erreicht wird. Die finanzielle Situation der Universitäten ist dort zwar völlig anders – das ist nach Bayerls Ansicht aber nur ein Grund mehr, um aktiv zu werden.
Er schlug während der 1. Nanostrategiekonferenz eine Initiative unter dem Arbeitstitel ‘Bavarian Patent Foundation’ vor, eine Art gemeinnützige Stiftung aller bayerischen Universitäten. Durch ein zentrales Management und einen stark leistungsorientierten Ansatz könne eine solche Stiftung die Patentlizenzierung vorantreiben. “Parallel dazu müsste eine Patent Marketing GmbH für ein aggressives Marketing sorgen”, rundet Bayerl seine Vision ab.
Es geht also in erster Linie darum, das vorhandene Know-how stärker zu bündeln – erste Ansätze gibt es mit deutschlandweit insgesamt acht Kompetenzzentren. So haben beispielsweise Nachwuchsforschergruppen und -unternehmen aus der Region München mit ENNaB (Excellence Network NanoBioTechnology) ein Netzwerk gegründet – im Mittelpunkt stehen Arbeits- und Geschäftsfelder im interdisziplinären Bereich der Nanobiotechnologie. Diese Initiative soll nun im Sinne einer besseren Unterstützung für die Universitäten weiter ausgebaut werden.
Denn – wie es Professor Jahn von der BASF ausdrückt – “jemand, der gute Forschung macht, ist noch lange kein guter Unternehmer”. Gründerpersönlichkeiten sind deshalb nach seiner Meinung genauso wichtig wie die Technologien. “Mir ist ein dynamischer Erfinder mit einer schlechten Technologie lieber als umgekehrt. Denn wenn es Probleme gibt, wird eine dynamische Gründerpersönlichkeit noch das Beste daraus machen.”