“Überraschen wir uns damit, was möglich ist!” fordert sie uns auf. Also: Für 2006 ist definitiv Optimismus angesagt.
So halten’s ja viele, die einen schwierigen Job zu erledigen haben und nicht so recht wissen, wie. Sie verordnen Zuversicht, machen Stimmung und betätigen sich als Animateure: “Fangen wir einfach an”, ruft uns die Regierungschefin zu.
Out ist freudloses Grübeln und Kritteln, wie es einst Reinhard Mey in Annabelle (“du bist so herrlich intellektuell”) beschrieben hat: “Früher dachte ich korruptes Spießerschwein, wer was schaffen will, der müsste fröhlich sein. Doch heut’ weiß ich, im Gegenteil, im Pessimismus liegt das Heil.”
So waren sie, die 68er von Rot-Grün. Aber deren Zeit ist abgelaufen. Jetzt regiert schließlich die Kanzlerin durch.
Vom Merkel-Faktor spricht man schon in den Wissenschaften. Wobei ja nur noch eine anerkannte Wissenschaft zu existieren scheint: die Psychologie, bemüht vorzugsweise von Fachfremden.
Ein ‘Depressionsbarometer’ hat etwa Dr. habil. Fritz B. Simon, Professor für Führung und Organisation am Deutsche Bank Institut für Familienunternehmen der privaten Universität Witten/Herdecke ins Web gestellt. Er wolle “die deutsche Pathologie mit wissenschaftlich erprobten Methoden näher untersuchen”, erläutert der Privat-Ordinarius.
Eigenartige Wege sind es, die die Wissenschaft so nimmt: Angefangen hat sie als Alchemie. Dann setzte sich die empirisch fundierte Analyse durch. Und heute verwechseln sie einige mit der Umsetzung des Zeitgeistes in HTML und Flash-Animationen. Was den Erkenntnisgewinn anbelangt, so gilt da: Back to the roots!
Passend zum aktuell angesagten Optimismus kippte denn auch just zum Jahreswechsel die von des Professors Depressionsbarometer indizierte Stimmungslage hierzulande wieder ins Positive. Ob’s an der Neujahrsansprache der Kanzlerin oder an den bei Silvesterfeiern oft reichlich servierten alkoholischen Getränken lag, ist allerdings nicht bekannt.
Das Internet ist überhaupt ein ausgezeichneter Indikator für Konjunkturen aller Art. Noch Ende vergangenen Jahres markierte die Optimismus-Site du-bist-deutschland.de die Zeitenwende. Auf der konnten die Schönen und Reichen einmal nach Herzenslust mit den larmoyanten Losern hierzulande abrechnen.
Mittlerweile gibt’s unzählige derartiger Web-Auftritte. So wurde du-bist-bamberg.de vom dortigen CSU-Oberbürgermeisterkandidaten Peter Neller initiiert, einer jener Stimmungskanonen, wie sie nur die Polit-Artillerie der bayerischen Staatspartei aufzubieten hat.
“Das Kritisieren, Klagen und Jammern muss ein Ende haben”, dekrediert jener und verheißt – intellektuell noch weniger skrupulös als die Macher der Deutschland-Seiten – ‘Du bist E.T.A Hoffmann’ und ‘Du bist Kaiserin Kunigunde’.
Wahrscheinlich ist es dem OB-Aspiranten nicht einsichtig, dass so manche Bambergerin die Vorstellung, ihre Knochen moderten schon seit Jahrhunderten im örtlichen Dom vor sich hin, überhaupt nicht optimistisch zu stimmen vermag. Und die Aussicht, wie der preußische Kammergerichtsrat und vormalige Dekorationsmaler am Bamberger Theater E.T.A. Hoffmann einem Disziplinarverfahren wegen einer harmlosen Glosse nur durch den frühen Tod zu entgehen, stimmt auch nicht gerade sehr hoffnungsfroh.
Und auf diesem Gebiet steht heuer noch einiges an. Jedenfalls sind die Domains du-bist-berlin/hamburg/muenchen/koeln.de und etliche ähnliche bereits bei der Denic registriert. Da kommt im Laufe des Jahres sicherlich noch so manches auf uns zu. “Überraschen wir uns damit, was möglich ist!” tät’s Angela Merkel sicherlich formulieren.
Ein Club der Optimisten hat auch schon seinen Internet-Auftritt (www.clubderoptimisten.de) gelauncht. Zur Zeit zankt er sich mit einem gleichnamigen Verein unter anderer Webadresse (www.club-der-optimisten.de) darüber, wer die meiste Zuversicht ausstrahlt.
Ein Grußwort zu seiner Konstituierung hat Guido Westerwelle übermittelt: “Je ernster die Lage ist in Deutschland, desto mehr brauchen wir Optimisten.” Was allerdings arg miesepetrig klingt und zeigt, dass Deutschlands Highend-Gaudi-Politiker derzeit doch sehr underperformt.
Bis 2010 will der Club seine Ziele erreicht haben und sich dann wieder auflösen. Letzteres zumindest lässt einen mit Zuversicht in die Zukunft blicken.
Aber dann: Angela Merkel wieder! “Wie wäre es, wenn wir uns heute Abend das Ziel setzen, im kommenden Jahr überall noch ein wenig mehr als bisher zu vollbringen?” hat sie Silvester gesagt.
Och Menno, Frau Bundeskanzlerin! Sowas bringt uns Glossenschreiber wieder so richtig runter. Besser werden – wie soll denn das gehen bei diesen Rahmenbedingungen für unser Business?
Wie freudig wir es auch immer anpacken mögen, das Ergebnis unserer Mühen wird Stückwerk bleiben. Gegen Sie und die anderen Strahlemänner und -frauen haben wir einfach keine Chance.
Denn auch im neuen Jahr gilt: So ganz wird die Satire die Realität ja nie einholen.
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