Wie die Analysten von DB Research festgestellt haben, wird zwar arbeitsintensive Fertigung weiterhin aus Deutschland weg in Niedriglohnländer verlagert. Aber die hohe Qualifikation und gute Schuldbildung soll demnach – Pisa-Ängsten zum Trotz – für die ausländischen Firmen so attraktiv sein, dass sie spezielle Forschungs- und Entwicklungsbereiche (F&E) nicht nur in Deutschland ansiedeln, sondern auch immer weiter ausbauen. Vereinzelt, so die DB Research, hat sich dieser Trend sogar schon bis zu den Asiaten herumgesprochen, auch erste deutsche Firmen sollen bei der Rückkehr gesehen worden sein.
Zunehmend werden Unternehmen durch die in Deutschland vorhandene F&E-Kompetenz angezogen, durch Innovationscluster, die aus der engen Zusammenarbeit von Unternehmen und Universitäten entstanden sind, sowie durch gut ausgebildete Fachkräfte. Doch während die Deutschen Begriffe wie Outsourcing schon zum Unwort des Jahres 1996 gewählt haben, entwickelt sich der Standort für Inshoring. Firmen wie AMD, General Electric, Honda, GlaxoSmithKline oder Red Hat haben zentrale Forschungs- und Marketingfunktionen in Deutschland angesiedelt.
Die Analysten sind der Ansicht, dass Offshoring nicht – wie vielfach angenommen – eine Einbahnstraße ist. Deutschland soll im Rahmen der zunehmenden globalen Vernetzung nicht nur als Nachfrager von Offshoring-Leistungen auftreten, sondern sich aufgrund einiger besonderer Standortvorteile weiter zu einem bedeutenden Offshoring-Zielland entwickeln. Und zwar im Bereich ‘High-end Inshoring’. Darunter verstehen die Analysten hochtechnologische, kapital- und wissensintensive Dienstleistungen, die Wertschöpfungsvorteile bringen.
US-Konzerne investieren in Qualität
Die globale Vernetzung, den wachsenden Einfluss transnationaler Unternehmen, die steigende Bedeutung solch wissensintensiver Dienstleistungen, die nationale Deregulierung der Märkte, die globale Vereinheitlichung von Regeln und Gesetzen durch Institutionen sowie die grenzüberschreitenden Angebote von Services – das sind die Treiber, die DB Research für die Inshoring-Attraktivität Deutschlands ausgemacht hat. Oder: Des einen Offshoring ist des anderen Inshoring.
Und dabei soll es vorkommen, dass auf der gedachten der Shoring-Schiene – zwischen Deutschland und China beispielsweise – der Gegenverkehr auch nicht zu verachten ist. Dies vor allem deshalb, weil die zunehmende globale Vernetzung von Wirtschaft und Politik zu einer immer intensiveren internationalen Arbeitsteilung führt. Deutschland hat sich hier, so die Studienautoren, als Standort mit attraktivem “Humankapital” einen Namen gemacht.
Besonders für die genannten wissensintensiven Dienstleistungen gelten die Deutschen als Könner. Diese Services unterscheiden sich von herkömmlichen dadurch, dass sie häufig einen hohen Wissensstand des Leistungsgebers und in vielen Fällen auch des Leistungsempfängers voraussetzen. Studien haben demnach europaweit (alte EU-Länder, EU15) zutage gebracht, dass komplexe Services – beispielsweise im IT- und Telekommunikationsbereich oder im Wertschöpfungsbereich der Fertigung – seit dem Jahr 2003 gar zum Leitsektor des gesamten Dienstleistungsbereichs geworden sind und mehr als ein Drittel der Beschäftigten stellen. Dies natürlich über nationale Grenzen hinweg.
Großkonzerne, transnationale Unternehmen (TNUs) wachsen und ihr Einfluss steigt global. Die DB Research illustriert, dass zwischen 1986 und 2002 die Wertschöpfung von ausländischen Tochtergesellschaften von TNUs durchschnittlich um 10 Prozent, die Beschäftigung um knapp 7 Prozent pro Jahr gestiegen sei. Im Jahr 2002 gab es demnach weltweit rund 64.000 multinationale Unternehmen mit insgesamt mehr als 850.000 Tochtergesellschaften. Global tätige Unternehmen nutzen die Vorteile durch Spezialisierung, indem sie reine Fertigungsstandorte, reine F&E-Standorte und reine Controlling-Standorte oder ähnliches etablieren. Gerne auch in Deutschland.
Doch warum? Für die DB Research ist sicher, dass die Öffnung der osteuropäischen Märkte und vor allem die EU-Erweiterung dafür gesorgt haben, dass Deutschland zu einer zentralen Drehscheibe für Waren und Werte geworden ist. Nicht nur im hochtechnisierten Umfeld, sondern auch bei Logistik und Transport, Lagerung oder ähnlichem wird Deutschland demnach zunehmend attraktiv – aus geographischen Gründen. Und weil die Infrastruktur hier von Autobahnen über Schienenstrecken bis hin zu Flug und Schifffahrt global auf den vordersten Plätzen ist.
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