Die Finanznöte der Städte und Kommunen sind spätestens seit der Diskussion um die Verschuldung Berlins jedermann bekannt. Klamme Kassen entbinden die Kommunen allerdings nicht von der Pflicht, bis etwa 2010 ihre Haushalte auf ein kaufmännisches Rechnungswesen umzustellen. Da die Umstellung mit Investitionen in neue Hard- und Software verbunden ist, bietet sich für viele Gemeinden Application Service Providing (ASP) als Lösung an.
Die Gemeinden Schlieben und Titz haben ihren Job in Sachen Umstellung bereits erledigt. Das Amt Schlieben liegt im Lankreis Elbe-Elster, im südlichen Brandenburg, in der Mitte zwischen Dessau und Cottbus. Zum Amt gehören die Stadt Schlieben und vier Gemeinden. Insgesamt leben hier 6500 Menschen. Die Kommune ist 1992 im Zuge der Ämterbildung in Brandenburg entstanden. Schlieben selbst ist alt – die Stadt wurde 956 gegründet – und die IT-Lösung der Verwaltung ist hochmodern. Das Amt betreibt sein Rechnungswesen im ASP-Modell. Betrieb und Wartung der Hard- und Software erfolgt im Nürnberger Rechenzentrum der Datev.
“Wir haben uns vor allem aus wirtschaftlichen Gründen für ASP entschieden”, sagt Kordula Lürding, Kämmerin des Amts. Um neue Software für ein kaufmännisches Rechnungswesen betreiben zu können, hätte das Amt neue Rechner gebraucht. Die Finanznot hat Lürding zu ASP geführt. Seit dem 1. Januar 2006 wird in Schlieben doppisch über ASP gebucht. Dem Beispiel werden wohl noch einige folgen.
Umstellung ist Pflicht
Zurzeit betreiben Bund und Länder die Reform des Kommunalen Haushalts- und Rechnungswesen. Dabei geht es um die Umstellung von der Kameralistik zur kaufmännischen Buchführung (Doppik). In Brandenburg müssen die Ämter und Gemeinden bis zum 1. Januar 2007 umgestellt haben. Dasselbe gilt für Rheinland-Pfalz. In den anderen Bundesländern gelten andere Regelungen. Bayern, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern haben bislang noch keine Entscheidung getroffen.
Nordrhein-Westfalen hat seinen 396 Städten und Gemeinden mit dem Neuen kommunalen Finanzmanagement die Auflage erteilt, spätestens ab dem Haushaltsjahr 2009 ihre Geschäftsvorfälle nach dem System der doppelten Buchführung in ihrer Finanzbuchhaltung zu verbuchen. Im Gegensatz zur Doppik werden bei der Kameralistik lediglich Einnahmen und Ausgaben betrachtet, nicht jedoch Erträge, Aufwendungen, Vermögen und Schulden. Experten gehen davon aus, dass über kurz oder lang alle 16 Bundesländer ihren Gemeinden die doppelte Buchführung vorschreiben werden, weil sie davon mehr Kostentransparenz, Kostenvorteile und ein effizienteres Arbeiten erwarten.
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