Individualsoftware ist nicht totzukriegen
In immer mehr Unternehmensbereichen setzt sich Standardsoftware durch. Doch trotz dieses Trends gibt es noch immer einen Markt für Individuallösungen. Den Anwendern geht es dabei zwar auch um Kosten, aber vor allem um Funktionalität.
Bei einem Zeitarbeitsunternehmen gehört eine kluge und transparente Mitarbeiterdisposition zu den entscheidenden Erfolgsfaktoren. Die Nürnberger I.K. Hofmann Personalleasing macht sie mit einer Individuallösung, die alle Kernprozesse des Unternehmens abdeckt: von der Verwaltung der Kunden- und Mitarbeiterstammdaten, über die Einsatzplanung der Mitarbeiter bis zum Drucken der Auftragsdokumente.
I.K. Hofmann beschäftigt etwa 5500 Mitarbeiter und hat rund 50 Niederlassungen, die relativ autark agieren und teilweise sogar miteinander in Konkurrenz stehen. Als das Unternehmen vor acht Jahren eine passende Software suchte, wurde es bei den Standardprodukten nicht fündig. Daher fiel die Wahl auf eine Individuallösung, die der Nürnberger IT-Dienstleister IT Innovations in Visual Basic auf der Basis des SQL Servers entwickelt hat.
40 Prozent des Umsatzes in seinem Geschäftsbereich Informationssysteme erwirtschaftet IT Innovations mit der Entwicklung von Individualsoftware. In der Kundenliste des IT-Dienstleisters tauchen Unternehmen wie Creditreform, die Eon-Tochter IS Energy, Porsche oder Siemens auf. “Die Diskussion, ob Individual- oder Standardsoftware die bessere Lösung ist, zeigt einen zyklischen Verlauf”, hat Michael Deinhard beobachtet, der Geschäftsführer der IT Innovations ist.
Standardlösung wäre zu teuer
Gerade gehe der Trend eher wieder in Richtung Standardsoftware. Wobei Deinhard, dessen Unternehmen sowohl in Sachen Individual- als auch in Sachen Standardlösungen tätig ist, darauf hinweist, dass die Kunden schon konkrete Gründe hätten, wenn sie sich für den individuellen Weg entschlössen. Meistens kann dann ein Produkt von der Stange nicht die gestellten Erwartungen erfüllen.
So war es auch bei I.K. Hofmann Personalleasing. “Damals hatte das Unternehmen ungefähr die Hälfte seiner heutigen Größe”, so Deinhard, “und es gab nur für kleinere oder größere Firmen eine passende Lösung am Markt.” Schwierig – oder zu teuer – wäre es vor allem geworden, mit einem Standardprodukt die dezentralen Strukturen von I.K. Hofmann abzubilden. “Außerdem hielt das Unternehmen seine Kernprozesse für sehr erfolgreich und wollte diese nicht an die Software anpassen”, sagt Deinhard. Ein weiterer Vorteil der Software: Sie deckt nicht nur das operative Geschäft ab, sondern dient auch als Management-Informationssystem.
Das Nürnberger Zeitarbeitsunternehmen widersetzt sich damit einem Trend, der nun schon seit mehr als zehn Jahren in der IT-Branche zu beobachten ist: weg von der proprietären Lösung hin zur Software von der Stange. Ein typisches Beispiel sind die betriebswirtschaftlichen Standardapplikationen. Analysten gehen davon aus, dass der Trend zur Standardisierung noch weiter zunehmen wird, weil es sich dabei oft um den billigeren Weg handelt.
Aber eben nicht immer. So musste die Gebühreneinzugszentrale (GEZ) mit Sitz in Köln im Jahr 2002 feststellen, dass sie mit einer Individualentwicklung zur Abdeckung ihrer zentralen Geschäftsprozesse auch finanziell besser fährt, als wenn sie eine Lösung mit Standardprodukten anstrebt.