IT-Leitern von größeren Unternehmen ist das Problem hinreichend bekannt: Irgendwann sind so viel Hardware und Anwendungen installiert, dass man den Überblick verloren hat. Eine detaillierte Inventarliste kann einem zwar aus dem Gröbsten helfen; doch sobald es um das Aufsetzen eines neuen Projekts geht, das existierende Ressourcen nutzen und existierende Funktionalität berücksichtigen soll, muss man bei Null anfangen.
“Wenn Unternehmen das Wasser bis zum Hals steht, fangen sie an nachzudenken”, stellt Dr. Wolfram Jost fest, Vorstand bei der deutschen Softwareschmiede IDS Scheer. Neue Installationen oder Erweiterungen werden immer noch meist in die Wege geleitet, ohne sich Gedanken über den resultierenden Wildwuchs zu machen. “Man kann diesen Ansatz pragmatisch nennen, oder auch opportunistisch. Tatsache ist aber, dass dadurch das Management der Installation immer schwieriger wird”, erklärt Jost.
Andererseits ist ein gutes Management der eigenen Ressourcen heute gefragter denn je. “Die alte CIO-Agenda lautete ‘Do it right – and save cost'”, erklärt Hans Mörtl, Senior Manager für IT-Planung bei DaimlerChrysler. Die neue Losung laute “Do more with less”, was automatisch eine stärkere Einbeziehung von Vorhandenem bedingt.
Wer weiß Bescheid?
Die Frage ist nur, wer weiß in einem Unternehmen wie DaimlerChrysler so genau über die vorhandenen Ressourcen und ihre Strukturen Bescheid? “Diese Transparenz existiert in den Köpfen einiger weniger in der IT-Abteilung, aber nicht systematisch”, gibt Mörtl zu. Vor allem Fragen wie ‘Was ist wiederverwendbar?’, ‘Wo gibt es ungenutzte Ressourcen?’, oder ‘Wo gibt es Integrations- und Konsolidierungspotenziale?’ seien oft sehr schwierig zu beantworten.
Entsprechend fällt das Planen und Aufsetzen neuer Projekte, die das Vorhandene stark berücksichtigen müssen, aufwendig aus. Analysen der Infrastruktur, um sich ein Bild von den Voraussetzungen für ein neues Projekt zu verschaffen, fressen nach Schätzungen von Experten nicht selten 20 Prozent oder mehr des gesamten Projektbudgets auf. Und selbst wenn diese Arbeit getan ist, hat man nicht mehr als eine Momentaufnahme in der Hand, die sechs Monate später wieder irrelevant sein kann.
Für Christoph Maier, IT-Manager bei der Bayerischen Landesbank, gibt es außer dem Problem mit der gewachsenen Anwendungslandschaft zwei weitere Herausforderungen, die bei der Planung von IT-Landschaften hinzukommen: Zum einen führen gesetzliche und regulatorische Anforderungen zu einer höheren Komplexität der Strukturen; zum anderen fordert die immer häufigere Wahrnehmung von IT-Dienstleistungen auch eine Einbeziehung von Outsourcing-Partnern und deren Dienste ins Gesamtbild.
Transaktionen im Auge behalten
Robert Hoog, ehemaliger CEO von Ixos, vergleicht den derzeitigen Zustand mit der Zeit, bevor es für die Warenwirtschaft Produkte wie die von SAP gab. ERP-Systeme (Enterprise Resource Planning) helfen Unternehmen, alle Transaktionen in der Herstellung im Auge zu behalten und zu kontrollieren – vom Einkauf von Rohmaterialien bis zur Auslieferung und Bezahlung der produzierten Ware. Hoog sieht eine Notwendigkeit für “ERP-Systeme speziell für die IT”, und definiert die Anforderungen an solch ein System: “Es muss Prozesse abbilden, Planungsdaten liefern und permanent den aktuellen Ist-Zustand abbilden.”
Spezielle Tools, welche diese Übersicht automatisiert verschaffen, sind noch relativ neu. Sie sind noch wenig verbreitet, dafür aber besonders bei Großunternehmen sehr gefragt. Sowohl Hans Mörtl von DaimlerChrysler als auch Christoph Maier von BayernLB behelfen sich seit einigen Jahren mit dem Tool ‘PlanningIT’ der Berliner Alfabet AG. “Wir haben vor etwa zwei Jahren mit der Dokumentation unserer Anwendungslandschaft begonnen und sind inzwischen schon ziemlich weit gekommen”, bestätigt Maier.
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