Zweigstellen brauchen mehr als verteilte File-Systeme
Außenstellen via WAN die gleiche Performance zu bieten wie im lokalen Netz schien bisher aussichtslos. Wer hier an Wide Area File Services (WAFS) denkt, ist zwar auf dem richtigen Weg, aber allein damit ist der Akt nicht zu schaffen.
Die Übertragungsmodalitäten dafür sind, gelinde gesagt, suboptimal. Allein ‘fette Pipes’ zur Verfügung zu stellen, davon ist man bereits abgekommen. Die sind zum einen teuer und außerdem helfen sie nicht, das Latenzproblem zu lösen. Die Bandbreite hat nichts damit zu tun, wann ein Datensatz irgendwo ankommt”, stellt Gerhard Unger, Sales Director EMEA bei Expand Networks fest. Die Vermittlung von Daten von einem Ort zum anderen dauere eben auch und das können nicht mit dickeren Leitungen bewältigt werden.
Was Unger meint sind die Protokolle. Storage-Protokolle wie die File-basierten Standards CIFS und NFS sind so gar nicht für größere Strecken ausgelegt. Im lokalen Netz (LAN) vertretbar, sind sie für WANs einfach zu geschwätzig – viele Transaktionen sind nötig bis beispielsweise ein Office-Dokument angefordert und übertragen ist. Das bremst jede Performance aus.
Angestrebt wird also eine LAN-ähnliche Performance im WAN. Weil damit aber eine Reihe von Problemen adressiert werden soll, existiert auch mehr als nur ein Ansatz. Neben WAFS schwirren noch die Begriffe WAN-Optimierung, Application Acceleration und WDS (Wide Area Data Service) durch die IT. “WAFS nimmt die Latenz raus”, erklärt Unger im Gespräch mit silicon.de. Das sei ein prima Ansatz, gehe es doch letztlich nur darum.
Die WAFS-Nische
Brocade beispielsweise war mit einer neuen Produktfamilie in diesen Markt gestoßen. Tapestry WAFS adressiert das Problem, indem “Anwender in den Cache der Edge-Appliance (Zweigstelle) schreiben und im Hintergrund läuft der Transfer ab, über das WAN und zu einem Fileserver irgendwo”, erklärte Marco de Luca, Senior Systems Engineer bei Brocade, den Ablauf.
Einmal muss also das gesamte File übertragen werden, danach werden lediglich die Änderungen rübergeschickt. Ab jetzt liegt das Original-File immer im Rechenzentrum, eine Kopie befindet sich in der Zweigstelle. Ein Backup in der Filiale werde dadurch überflüssig, das könne über das zentrale Backup im Hauptquartier abgewickelt werden, so di Luca. Die Kostenersparnis liege hier klar auf der Hand. Auch Cisco, das mit der Übernahme von Actona als Wegbereiter für WAFS gilt, arbeitet mit dem Core-/Edge-Konzept. Das Modell kann wie alle WAFS-Lösungen nicht nur Fileserver, sondern auch Printserver in der Außenstelle ersetzen.
Allerdings wird WAFS schnell ausgebremst: Die Technik arbeitet zwar auf der Anwendungsebene (Layer 7), konzentriert sich aber auf Storage-Daten und optimiert ausschließlich File-Protokolle wie CIFS oder NFS. Mit der weisen Vermutung, dass WAFS allein wahrscheinlich nicht ausreichen könnte, kooperierte Brocade bereits mit Tacit, einem WAN-Optimierer. Der wurde jetzt von Packeteer übernommen, einem klassischen WAN-Beschleuniger. Und schon erkennt man, wohin die Reise geht.
Auch TCP/IP will optimiert sein
Löst WAFS auch eine ganze Reihe von Problemen bei der Anbindung von Zweigstellen – weniger Hardware, schnelleren WAN-Verkehr und leichteres Management der Speicherressourcen – so bleibt dennoch eine Frage ungelöst: Funktioniert WAFS auch noch bei anderen, nicht File-basierten Anwendungen? Die Antwort lautet Nein. Applikationen, die wie unter anderem der Exchange Server mit Datenblöcken arbeiten, können nicht mit WAFS transferiert werden. Der Rest des Traffics klumpt also weiter durch das WAN.
Das massive Performance-Problem könnte dadurch zu lösen sein, dass man schaut, ob bei dem Transportprotokoll TCP nicht noch etwas zu verbessern wäre. Das war ebenfalls nicht für Weitverkehrsnetze konzipiert worden und produziert daher einen ordentlichen Overhead. Um an dieser Stelle das WAN zu optimieren, setzen Hersteller ebenfalls auf Techniken wie Kompression, Reduzierung und Caching.