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‘IP is King’ bei der Fußball-WM 2006

Die Fußball-WM stellt sogar die Olympischen Spiele in den Schatten. Die Zuschauerzahlen von allen 64 Spielen zusammengenommen ergibt eine Summe von 32 Milliarden. Ähnlich gigantisch ist der Aufwand, um die Kommunikation zwischen Organisatoren, Sportlern, Journalisten und Fans zu organisieren.

Das konvergente IP-Netzwerk für Sprache und Daten wurde wie schon vor vier Jahren in Japan und Korea von Avaya im Auftrag der FIFA konzipiert und aufgebaut. Für die Verbindungen zwischen den Stadien und zum IBC (International Broadcasting Center) ist T-Systems verantwortlich. Während der 32 Tage des Turniers soll es 15 Terabyte an Daten transportieren und muss praktisch gegen jegliche Art von Geräteausfällen, betrieblichen Störungen und externen Attacken immun sein.

Rund 100 Tonnen Netzwerk-Equipment wurden in den zwölf Stadien und im International Broadcasting Center (IBC) in München installiert. Ein Team von über 250 Spezialisten, größtenteils aus Deutschland, betreut 38 Hochleistungs-Switches für den Datenverkehr, mehr als 1000 Switches für Telefonie und etwa 4500 IP-Telefone.

Der größte Unterschied zur Installation in Japan und Korea vor vier Jahren ist die stark dezentrale Struktur des Netzwerks. Es wurde viel mehr Infrastruktur in den Stadien selbst installiert, da sich in den letzten vier Jahren durch den Einsatz von WLAN-Technik die Arbeitsweise der Journalisten massiv verändert hat. Statt in zentralen Pressezentren und verkabelt arbeiten sie jetzt meist am Ort des Geschehens.

Entsprechend wird in den Stadien massiv auf drahtlose Netze gesetzt. Die insgesamt 656 Zugangspunkte werden vor allem von den Stadionfotografen genutzt, um schon während der Spiele ihre Fotos an ihre Stammhäuser zu übertragen. “Das ist zwar eine Konzession in Sachen Sicherheit gegenüber der Funktionalität, die von der Presse verlangt wird, doch die Netze werden nach allen Regeln der Kunst abgesichert”, sagte Andrea Rinnerberger, eine der zwei Projektverantwortlichen für das WM-Netz bei Avaya.

Für ihren Kollegen Doug Gardner, der mehr für den Betrieb des Netzwerks zuständig ist, war eine der größten Herausforderungen die Installation des Equipments in den Stadien selbst. Im Münchner Stadion zum Beispiel sitzt die Technik im siebten Stock, direkt unter dem Dach. Die Treppe dorthin ist so schmal, dass 19-Zoll-Schränke nicht als ganzes hinauf transportiert werden können. In Berlin machte den Technikern die massive Beton-Konstruktion zu schaffen, die Handy-Signale kaum durchlässt und WLAN-Übertragung nur sehr schwierig.

Die zweite Herausforderung bestand in der Kürze der Zeit, in der das Netzwerk installiert und in Betrieb genommen werden musste – wegen der laufenden Bundesliga-Saison weniger als ein Monat. Um sicher zu stellen, dass Funktionalität und Betriebssicherheit gewährleistet ist, wurde das Netz vier Monate lang bei Avaya in Frankfurt getestet.

Ähnlich knapp wie für den Aufbau sind die Anforderungen auch für den Abbau. Nicht als ganzes wird das Netz aus dem Betrieb genommen, sondern einzelne Standorte immer jeweils nach dem letzten Spiel im betreffenden Stadion. Drei Tage haben die Techniker Zeit, um die Stadien wieder in ihren ursprünglichen Zustand zu versetzen. “Die Maxime ‘never touch a running system’ ist hier leider nicht anwendbar”, sagte Gardner. Die erste De-Installation fand bereits gestern statt, einen Tag vor dem Eröffnungsspiel, und betraf die Infrastruktur für den FIFA-Kongress im Hotel Bayerischer Hof in München.

Überwacht wird das Netz zentral aus dem IBC in München. Mittels HP OpenView können die Techniker in jeden beliebigen Netzzugang hineinzoomen und im Problemfall gezielt reagieren. “Wir fürchten weniger Attacken von außen als vielmehr innerhalb des Netzes”, sagte Andrea Rinneberger. Wie es schon letztes Jahr während des Confederation Cups vorgekommen ist, kann ein virenverseuchter PC eines Journalisten im Pressezentrum für Stress sorgen.

Trotzdem halten die Netzwerkbetreiber an ihr Ziel fest, eine Verfügbarkeit von 99,999 Prozent zu erreichen. Umgesetzt auf die Dauer des Turniers sind das nur wenige Minuten. Dieses Ziel wurde vor vier Jahren übertroffen, trotz externer Denial-of-Service-Attacken. “Damit müssen wir einfach rechnen, besonders in den ersten Tagen des Turniers”, sagte Rinneberger. Während dieser Zeit gehen Angreifer davon aus, dass man sich noch nicht für alle Eventualitäten gewappnet hat. Wenn dem so ist, wird eine Panne kaum geheim gehalten werden können.

Silicon-Redaktion

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