IT-Überwachung für fettleibige Kontroll-Freaks
Wem die staatliche Überwachung allerorten noch nicht weit genug geht, der kann sich jetzt auch zuhause kontrollieren lassen. 24 Stunden am Tag.
Kameras, die jede Sportübung zählen – und jeden Gang zum Kühlschrank. Das ist für einige eine Horrorvision und für andere ein Traum. Mit dem schönen Wort ‘Life-Coach’ – also Lebens-Lehrer – soll die Big-Brother-Vision aus George Orwells Zukunfts-Roman ‚1984, der eine total überwachte Gesellschaft zeigt, Wirklichkeit werden. Heimelige Computerscreens registrieren jede Bewegung – ob im Wohn-, Bade- oder Schlafzimmer.
Dies soll nützlich sein, um mehr Disziplin in den persönlichen Diätplan zu bringen. Jede Sportübung, jede Nahrungsaufnahme soll kontrolliert werden. Und zu guter Letzt zeigt dann der Spiegel im Flur beim Hinausgehen jeden Morgen die Gesundheit in der Zukunft an. Und zwar auf besonders eindrucksvolle Weise, die an einen weiteren unheimlichen Roman erinnert: ‘Das Bildnis des Dorian Gray’ von Oscar Wilde.
Das Spieglein an der Wand soll den Nutzer nämlich aufgrund der Daten des Vortages so zeigen, wie er bei gleichbleibender Lebensweise in ein paar Jahren aussehen wird. Die Forscher, die tagtäglich im sonnigen, genussfreudigen Südfrankreich durch die grünen Hügel über der Riviera nach Sophia Antipolis zur Arbeit fahren, haben demnach nichts Besseres zu tun, als dieses System zu entwickeln. Das Ideal ist ein vernetztes Haus, das jeden Fehltritt gnadenlos anzeigt.
Wer also einen verregneten Sonntag auf dem Sofa verbracht hat, kommt damit ganz schnell als Hefekloß rüber; wer seine verflossene Liebe am Vorabend in Alkohol ertränkt hat, sieht den möglichen Effekt solch’ schändlichen Tuns im eigene Gesicht sofort. Und er wird sich ein Bildnis wünschen, das diese Spuren wie in Wildes Roman stellvertretend aufnimmt. Aber gemach, gemach: Dieses System soll nicht etwa Paranoia züchten, wie man leicht annehmen könnte. Es soll – so heißt es genussvoll aus Südfrankreich – den Menschen helfen, gesünder zu leben. Und damit das noch besser geht, arbeiten die Forscher jetzt mit US-Unis zusammen. Ob sie heimlich mit den US-Wissenschaftlern auf die gemeinsame Arbeit anstoßen werden?