Open Source im Mittelstand? Das geht!
Man muss kein Verfechter der reinen Open-Source-Lehre sein, um Geschmack an den Vorzügen quelloffener Software zu finden. Ein Beispiel aus England zeigt, wie das geht.
Die Verbreitung von quelloffenen Basisanwendungen wie Apache oder MySQL ist längst nicht mehr zu leugnen – immerhin laufen weltweit zwei Drittel aller Websites auf Apache und es gibt wohl kaum ein Unternehmen, das den Einsatz von MySQL nicht zumindest in Erwägung gezogen hat. Die Scheu vor Unternehmensanwendungen, deren Namen für die meisten IT-Manager immer noch exotisch klingen, könnte als nächstes fallen.
“Speziell im Mittelstand werden die Systemhäuser dafür sorgen, Open-Source-Software ihren Kunden schmackhaft zu machen”, sagt Nikos Drakos, Research Director bei Gartner. Laut Drakos sehen Systemhäuser jetzt die Gelegenheit, durch die Bündelung bestimmter Anwendungen und deren Anreicherung mit branchenspezifischem Wissen attraktive Pakete für den Mittelstand zu schnüren.
Ein großer Verbündeter dieser Anwendungen ist auch ein gesunder Pragmatismus: Wenn es möglich ist, durch deren Einsatz eine funktionsfähige IT-Landschaft auf die Beine zu stellen und gleichzeitig viel Geld zu sparen, lassen sich auch Geschäftsführer zu diesem ‘Abenteuer’ hinreißen.
Jason Meers, IT-Manager bei der britischen Medienagentur MediaVest, hatte das Glück für ein Management zu arbeiten, das vor allem an Resultaten interessiert war. Und die hat er geliefert: Die Infrastruktur für sein Unternehmen mit etwa 250 Angestellten ist nicht nur denkbar einfach sondern auch günstig. Umgerechnet rund 650 Euro kostet ihm jeder PC-Arbeitsplatz jährlich – ein Bruchteil der sonst üblichen 4400 bis 5400 Euro, die vom Marktforschungsunternehmen Gartner als Durchschnittswert errechnet werden.
Clients mit minimalen Anforderungen
Das lässt sich durch die Verwendung von Open-Source-Software für Thin Clients, SMTP-Server und E-Mail erzielen. Hinzu kommen Client-PCs, die andere Unternehmen eher zum Verschrotten freigeben: In Ehren ergraute Maschinen, die nicht viel mehr als einen Pentium-Prozessor mit 200 MHz und 16 MByte Hauptspeicher vorzuweisen haben. Bei seinem Händler bekommt sie Meers zum Preis von 29 Pfund das Stück, umgerechnet knapp 42 Euro.
Auf diesen PCs läuft eine Thin-Client-Software auf Linux-Basis namens ThinStation. Sie ist kompatibel mit fast allen Protokollen, die für Server-based Computing verwendet werden: Citrix ICA, NoMachine NX, 2X ThinClient, MS Windows Terminal Services (RDP), Cendio ThinLinc, Tarantella, X, Telnet, tn5250, VMS Term und SSH. Das bei MediaVest verwendete Image ist 8 oder wahlweise 12 MByte groß und lässt sich direkt auf der Webseite der Community den jeweiligen Anforderungen entsprechend konfigurieren.
Geladen wird das Image beim Hochfahren der Clients über eine spezielle Partition auf der Festplatte der Clients oder über das Netzwerk. Doch auch ein Start über CD oder Flash-Disk ist möglich. Die Software unterstützt zudem lokale Drucker. Die Konfigurationsdatei der Clients – eine einfache Textdatei – liegt zentral auf einem TFTP-Server und wird beim Hochfahren geladen.
“Entsprechend einfach ist es auch, Veränderungen an der Konfiguration der Clients durchzuführen”, sagt Jason Meers. “Ich brauche nur diese eine Textdatei zu verändern. Wir haben neulich einen räumlichen Umzug von 160 Mitarbeitern vorgenommen. Die Neukonfiguration der Clients hat dem IT-Team kaum mehr als zwei Stunden Arbeit gekostet.”