Der Konzerngründer war persönlich nach Deutschland gereist, hatte zunächst in Ingolstadt – in Form einer neu gegründeten Initiative – ein wenig IT-Fitness betrieben, um dann im Münchner Kongresszentrum auf die Hauptbühne zu schlendern. Doch auch wenn Bill Gates ohne große Gesten auskommt und seine 2000 Zuhörer beinahe jungenhaft schüchtern angrinst, wird deutlich: Microsoft steckt in einer der härtesten Phasen seiner bisherigen Firmengeschichte.
Es gehe darum, sagt Gates, die Business-Software von Microsoft mit der Bürosoftware Office und Webservices zu verbinden. “Geschäftsanwendungen sollen Unternehmen helfen, wettbewerbsfähig zu sein. In der Praxis ist dies allerdings längst noch nicht immer der Fall. Zehn Jahre Software-Innovationen im Unternehmensumfeld haben das Profil der Arbeit verändert und den Mitarbeiter in die Lage versetzt, seinen Job schneller, effizienter und kreativer zu erledigen. Allerdings ist es nach wie vor kompliziert, Geschäftsprozesse direkt mit der Arbeit des einzelnen Mitarbeiters im Tagesgeschäft zu verzahnen.”
Gates nennt auch ein unfehlbares Zeichen dafür, wenn in der Praxis nicht umgesetzt werden kann, was die Theorie versprochen hat: “Solange die Leute Notizen auf kleinen Zetteln machen, stimmt etwas mit der Software nicht.” Wichtig seien in diesem Zusammenhang auch Benutzeroberflächen, die dem Nutzer wirklich weiterhelfen. Die neuen Dynamics-Lösungen sollen das gewährleisten, indem sie auf Windows Vista und Office 2007 aufsetzen.
Große Hoffnungen setzt Microsoft hier auf die neue Generation der ERP-Software ‘Microsoft Dynamics’. In diesem Zusammenhang kündigte Microsoft ein Mietmodell für die Dynamics-Suiten ‘NAV’, ‘AX’, ‘GP’ und ‘SL’ an, das es Partnern ermöglichen soll, die Software auch ‘on-demand’ anzubieten. Auf Basis eines monatlichen Mietpreises haben Kunden in diesem Modell die Möglichkeit, die Funktionen der Dynamics ERP-Lösung gehostet zu nutzen. Der Mietpreis ergibt sich dabei aus einem neuen Lizenzmodell, das auf dem Programm ‘Microsoft Service Provider License Agreement’ basiert. Eine ähnliche Lösung bietet Microsoft für sein CRM-Produkt bereits seit einigen Monaten an.
Die Angebote richten sich in erster Linie an mittelständische Firmen. Wegen des steigenden Kostendrucks, hätten sich On-Demand-Lösungen in diesem Bereich bei den Kunden zunehmend etabliert. Microsoft zielt hier vor allem auf Unternehmen mit 25 mit 500 PC-Arbeitsplätzen – der in Europa dominierende Wettbewerber SAP richtet sich mit seinen Angeboten dagegen vor allem an größere Unternehmen.
Unter dem Schlagwort ‘Dynamics Live’ stellte Gates außerdem eine Reihe neuer Online-Dienste vor. Unter anderem soll ein neuer Live-Service Dynamics-Anwendern die Zusammenarbeit mit Geschäftspartnern erleichtern – Basis hierfür ist eine gehostete SharePoint-Technologie.
Als Zugabe zu seiner Keynote lieferte Bill Gates dann noch eine kräftige Portion Visionen in Form einer kleinen Vorführung zum Thema “Benutzeroberflächen von Morgen”. Tatsächlich schien er sich dabei an seinem futuristischen Bühnen-Schreibtisch, nahezu eingeschlossen von Plasmabildschirmen, deutlich wohler zu fühlen als im Rampenlicht der IT-Show.
Allerdings: Wenn es darum geht, seinen übervollen Terminkalender auszumisten, vertraut Gates nach eigener Aussage weder Outlook noch anderen Office-Angeboten. In solchen Fällen wendet er sich an Steve Ballmer, der dann alles streicht, was Gates seiner Meinung nach nicht machen muss. Manchmal geht halt nichts über eine gute Zettelwirtschaft.
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