Gemischte Reaktionen auf Abkommen zwischen Microsoft und Novell

Die Reaktionen auf die unerwartete Partnerschaft zwischen Novell und Microsoft sind durchwachsen. OpenOffice.org darf sich erst einmal freuen und natürlich kann sich Novell als Gewinner auffassen.

Die Open-Source-Community scheint jedoch eher besorgt als ermuntert. Experten wie Analysten von IDC jedoch sind sich hingegen sicher, dass Microsofts Schritt “einer der wichtigsten der letzten fünf Jahre sein könnte”. Eine tiefgreifende Veränderung werde die IT-Industrie erfassen, davon sind die Marktbeobachter überzeugt.

Welche Veränderungen das aber im Detail sein werden, soll nur die Zukunft zeigen können. Die ersten Triebe dieser aufblühenden Veränderung sind jedoch schon jetzt zu sehen. “Linux hat gewonnen”, kommentiert Red Hat in einer Stellungnahme. Open-Source-Innovation biete schlicht bessere Wertschöpfung und bessere Software. “Offen definierte Standards jedoch sorgen für eine Interoperabilität, die jeder implementieren kann. Dafür braucht es keinen Extravertrag zwischen zwei Unternehmen.”

Obwohl Red Hat nach der schlechten Presse, für die Larry Ellison mit einem kopierten Red-Hat-Support sorgte, nun zusätzlich unter Druck geraten könnte, hat der Linux-Marktführer offenbar nicht vor, vom bisherigem Kurs abzuweichen.

“Eine Gebühr auf Innovation ist undenkbar”, heißt es von Red Hat weiter. Freie und offene Software bietet die notwendigen Rahmenbedingung für echte Innovation. Damit stößt Red Hat ins gleiche Horn wie Eben Moglen, der Anwalt der Free Software Foundation, die der Linux-Lizenz GPL (General Public License) vorsteht.

Moglen sieht in dem Abkommen zwischen Microsoft und Novell einen Verstoß gegen die GPL. Die Hersteller vereinbarten gemeinsame Entwicklung, Support und einen Nichtangriffspakt. Zudem sollen für die gegenseitige Verwendung von Technologien Gelder zwischen den Unternehmen fließen.

Trotz dieser berechtigten Einwände muss sich Red Hat bewegen. Der Linux-Marktführer weitet deshalb den Rechtsschutz gegen Urheberrechtsklagen gegen Red-Hat-Anwender aus. Sollte also ein Anwender von Red Hat wegen Urheberrechtsverletzungen im Linux-Code angeklagt werden, übernehme Red Hat die Verantwortung und führe auch die Verhandlung. Für Deutschland machen solche Ankündigungen nur bedingt Sinn. Denn die Rechtslage hierzulande macht in solchen Fällen zunächst den Verbreiter des Codes verantwortlich.

Diese Reaktion zeigt aber, dass Red Hat dem Abkommen zwischen Novell und Microsoft nicht wirklich gelassen gegenüber steht. Noch immer lässt Microsoft die Keule in Form von zahlreichen Patenten über den Köpfen von Linux-Anwendern kreisen, daran hat sich nichts geändert und an dieser Bedrohung lässt Microsoft auch kaum Zweifel aufkommen: “Diese Abmachung gilt für keine andere Form von Linux außer für Suse Linux”, betonte Steve Ballmer, CEO von Microsoft. Um so mehr Ballmer Novell den Rücken krault, sollten andere Hersteller in Deckung gehen.

Neben Red Hat leidet jedoch auch die Glaubwürdigkeit von Novell in Sachen Open-Source. “Entschuldigen Sie bitte, wenn ich kotze”, heißt es aus der berühmt-berüchtigten Kehle von Pamela Jones, der Gründerin des Branchenblogs Groklaw. “Microsoft sieht offenbar Linux nicht mehr als Krebsgeschwür oder Kommunismus. Jetzt will Microsoft nur noch Patentgebühren”, kritisiert die Aktivistin. “War das nicht auch der Wunschtraum von SCO?”

Etwas nüchterner sehen es die Analysten von IDC: “Es ist wichtig festzuhalten, dass diese Ankündung lediglich zwei Unternehmen betrifft – und nicht Microsoft und die Open-Source-Gemeinschaft als solche. Unternehmen können Patente und geistiges Eigentum austauschen, was hier ja passiert. Aber Microsoft kann nicht die Regeln der Open-Source-Entwicklung verändern.”

Der Einfluss, so IDC weiter, reiche nur auf die Arbeit des zweitgrößten Linux-Anbieters. Wer tatsächlich davon profitieren könnte, seien in den Augen von IDC Unternehmen, die Linux und Microsoft im Rechenzentrum Seite an Seite einsetzen möchten.

Warum aber Novell und nicht Red Hat? Beide wären für Microsoft für diesen Deal in Frage gekommen. Red Hat, so glauben die IDC-Analysten, hätte den Deal aufgrund der reinrassigen Open-Source-Philosophie des Unternehmens nicht machen können.