Roboter-Experten rennen selten in die Abseitsfalle
Im Sommer 2006 herrschte Fußballeuphorie pur. Während es für die DFB-Elf nur für den dritten Platz reichte, ist Deutschland Weltmeister im Roboter-Fußball geworden. Den Siegern stehen alle Karrierechancen offen.
Mit über 444 Teams und 2516 Teilnehmern aus 36 Ländern war der Cup in Bremen das größte Robotik-Ereignis der Welt. Der alljährlich stattfindende Wettbewerb ist in verschiedene Kategorien unterteilt. Die Bandbreite reicht von Fußball bis zur Suche von Menschen in Not. Beim Fußballwettbewerb bewegen sich die Roboter autonom über das Spielfeld, verfolgen die Bewegungen von Ball und Gegenspielern – und schießen Tore.
“Unsere Vision ist es, 2050 mit humanoiden, also zweibeinigen Robotern, auf dem Rasen gegen richtige Fußballspieler anzutreten und zu gewinnen”, sagt Ubbo Visser, der Organisator der Spiele in Bremen. Im nächsten Jahr wird der RoboCup erstmals auf dem freien Feld ausgetragen. “Das wird eine enorme Herausforderung an die Sensorik gegenüber heute”, sagt er. Beim RoboCup tritt die Weltspitze der Robotik gegeneinander an.
Visser ist Informatiker und Privatdozent an der Universität Bremen im Fach Künstliche Intelligenz. Ende der 90er Jahre ist er zum RoboCup gekommen und wurde mit seinem Team zwei Mal Weltmeister. Ihn reizt es, Maschinen zu konstruieren, die im Alltag bestehen müssen. “Wie ist der Spielstand, wo steh ich im Moment, eventuell sogar im Abseits: all das sind Fragen, die der Roboter in Sekundenbruchteilen beantworten und entsprechend reagieren muss”, so Visser.
Gewinner – auch ohne Siegprämien
In der Regel sind es Studenten und Wissenschaftler von Unis, die die Teams bilden. Der RoboCup ist ein imposantes Beispiel für die Entwicklung intelligenter Systeme auf technisch höchstem Niveau und präsentiert spielerisch spektakuläre Anwendungen der Informatik. “Wer hier mitmacht, der hat beruflich alle Chancen der Welt”, ist Visser überzeugt. Für ihn ist der RoboCup ein Spielfeld für den Beruf. Er selbst kam über Meisterschaften zu seinem heutigen Job. Das scheint üblich in der Szene.
Martin Riedmiller ist amtierender Weltmeister in der ‘Middle Size’-Liga und Vizeweltmeister in der Simulationsliga. Die Middle-Size-Roboter sind komplett autonome mobile Robotersysteme, die ihre Umwelt selbständig wahrnehmen und selbständig entscheiden. Teile ihres Verhaltens haben die Robbis selbständig gelernt aus der Erfahrung von Erfolg oder Misserfolg und die Erkenntnisse in ihren neuronalen Netzen gespeichert.
“Ob ein Weltmeistertitel die berufliche Karriere fördert, ist nicht eindeutig zu klären”, meint Riedmiller. Klar sei, dass sich der WM-Titel weder auf das aktuelle Gehalt auswirkt, noch Siegprämien fließen. Aber: die Arbeit und das Abschneiden bei Veranstaltungen wie dem RoboCup wird wahrgenommen von Kollegen im In- und Ausland, der Universitätsleitung, der Deutschen Forschungsgemeinschaft, die das Projekt fördert, und auch von Sponsoren. “Die Effekte aus dem WM-Gewinn sind eher mittelfristig sichtbar”, meint er.
Robotik ist Teamwork
Für die beteiligten Studenten ist es seiner Ansicht nach ein großes Plus in ihrer Bewerbung. “Es ist ja nicht einfach so, dass man mal kurz hinfährt und Weltmeister wird”, gibt er zu bedenken. Für die Teilnahme wird lange im Voraus geplant und gezielt darauf hingearbeitet.