Dennoch sind es nicht nur kleine, unbedeutende Unternehmen, die neben einigen Patenten kaum eigene Technologien besitzen oder entwicklen, wie etwa NTP, das gegen den Blackberry-Hersteller Resarch in Motion eine Millionenzahlung erstreiten konnte. Inzwischen bekriegen sich auch immer öfter große und klangvolle Namen, wie der jüngste Streit zwischen Amazon und IBM zeigt.
Zunächst verklagte IBM den Online-Händler wegen der Verwendung von Vorschlägen für Kunden, die aus den Kaufgewohnheiten der Seitenbesucher gewonnen werden. Daneben, so der Vorwurf von IBM, würde Amazon weitere E-Commerce-Patente von IBM verletzen.
Gemäß dem Motto, Patente immer als Schild, jedoch niemals als Schwert zu nutzen, versucht der Online-Händler den Spieß umzudrehen. “Eigentlich nutzt IBM Amazons Technologie ohne Erlaubnis, und nicht umgekehrt”, heißt es in einer Mitteilung an das Gericht. Amazon wirft dem Technologie-Giganten IBM sogar vor, sich wie einer dieser Patent-Trolle zu verhalten, schließlich habe man IBM nie als Entwickler innovativer Web-Technologien wahrgenommen.
Nun behauptet Amazon, dass es selbst der Schöpfer und damit rechtmäßiger Inhaber dieser Techniken ist: “IBM versucht in letzter Zeit, Amazon und anderen innovativen Web-Unternehmen zu folgen, indem es das Angebot auch auf Internet-Technologien ausweitet. Dabei hat sich IBM auf die Innovationen von Amazon gestützt, ohne auf den Patentschutz Rücksicht zu nehmen”, heißt es weiter.
Eines dieser verletzten Patente betreffe eine Methode, Suchanfragen zu verfeinern und mit anderen Anfragen in einen Zusammenhang zu bringen. Damit wären auch die Anwender von Websphere, der weit verbreiteten Middleware von IBM betroffen, droht Amazon weiter. Websphere ist ein wichtiges Umsatzstandbein für IBM.
Solchem Hin und Her begegnet man am besten mit Humor. Google tut das zu einem gewissen Grad auf der jüngst ins Leben gerufenen Seite Google.com/patents. Hier können Patente der letzten 200 Jahre recherchiert werden. Google war offenbar mit der Qualität der Seite des US-Patentamtes unzufrieden und hat der nun einen eigenen Entwurf entgegengestellt.
Auf der Startseite des Suchportals ist Googles ironisches Augenzwinkern zu finden. Hier listet der Suchgigant etwa ein Patent aus dem Jahre 1954 für einen Käsekuchen-Keil mit Holzstiel auf, eingereicht von dem Konfektionär Charles Puma, der offenbar ein Spezialist für Spezialitäten auf dem Holzstiel zu sein scheint. Hier findet sich auch der Schutz für einen Christbaumständer oder für ein Haarnetz.
Aber nicht nur Erheiterndes und Kurioses fördert das Google-Portal zu Tage; Auch ein Patent, mit dem IBM möglicherweise jetzt gegen Amazon vorgeht, ist auf Google zu finden. IBMs Patent stammt aus dem Jahre 2006, eingereicht 2002. Ein vordergründig vergleichbares Patent gibt es auch von Amazon, allerdings wurde das im Jahr 1999 eingereicht und 2001 vom US-Patentamt erteilt.
Die Qualität und Stichhaltigkeit der Patente, die vom amerikanischen Patent- und Markenamt vergeben werden, kommen immer wieder in die Kritik. So sind etwa ein nicht geringer Anteil von beantragten Patent-Revisionen und Beanstandungen erfolgreich. Immer wieder können so genannte ‘Prior Art’-Fälle nachgewiesen werden. Also die Tatsache, dass die patentierte Technologie bereits vor der Anmeldung zum Patent im Umlauf war, beschrieben oder in einem Produkt verwendet wurde.
Um die Qualität der Patente zu verbessern und um den Aufwand der Überprüfung für das Patentamt zu minimieren erwägt das britische Patentamt, das Verfahren um eine öffentliche Prüfung durch interessierte Experten zu erweitern. Nach dem Open-Source- oder auch dem Wikipedia-Modell sollten eingereichte Erfindungen zunächst einer unabhängigen Experten-Kommission vorgelegt werden.
Noch ist diese Verfahrensänderung lediglich ein Vorschlag, der noch viele Fragen offen lässt, aber er könnte den offenbar überforderten Patentämtern die Arbeit leichter machen. Denn erst nachdem verschiedene Experten auf einer elektronischen Plattform wie Wikipedia eine Einreichung kommentiert haben, wird sie dem Patentamt zur Bearbeitung vorgelegt.
Diesen Prozess hat Professor Beth Noveck, Direktor der New York Law School, in einem Artikel mit dem Titel “Community Patent Review Project Summary” beschrieben.
Die Foundation for a Free Information Infrastrukture (FFII), eine europaweite Aktionsgruppe gegen Software-Patente, sieht in diesem Vorschlag ein nützliches Instrument. Jedoch gebe es in Europa dafür kaum Bedarf, da die Strukturen hier anders seien. Diese Modell könnte jedoch dabei helfen, die Lage in den USA zu verbessern, wie ein Sprecher erklärte.
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