IPTV verspricht viel, hält derzeit aber noch wenig
Als Hype wollen es die Anbieter nicht betrachten, schon eher als Trend – das soll seriöser klingen. Dennoch wird der Markt noch ein paar Jahre auf Ergebnisse beim IP-basierten Fernsehen (IPTV) warten müssen.
Da ist zum einen die Investitionsfrage. Nicht nur die teure neue Glasfaser kann dabei Probleme auf dem Konto der Betreiber verursachen. Außerdem ist die Frage offen, ob es überhaupt einen entscheidenden Faktor für den Umsatz mit IPTV geben wird, in den derzeit aktuellen Bereichen Infrastruktur, Equipment, Anwendungen und Ausgabe in mobilen Plattformen. Wann die Technik dann abhebt, darüber sind sich die Auguren ebenfalls nicht einig.
Dabei ist laut einer Stellungnahme von Carl Gressum, Analyst bei dem Marktforscher Ovum Research, für die Internet Serviceprovider eine Grundsatzentscheidung notwendig. Ob sie eine Anwendung bereit halten und vermarkten wollen, die rein von einer Set-Top-Box kommt und Anwendung und Gerät möglicherweise standardisiert oder aufeinander wechselseitig zugeschnitten sind, das wäre nur eine Möglichkeit, Geschäfte mit IPTV aufzusetzen.
Eine andere wäre, sich rein auf die Inhalteübertragung zu konzentrieren. Zum dritten können sich die Provider dafür entscheiden, eine Infrastruktur zu bauen, die das Equipment von Diensten von Drittanbietern zulassen. Das letztere Geschäftsmodell präferieren die beiden derzeit in Deutschland aktiven Anbieter: Hansenet unter der Marke ‘Alice’ und die Deutsche Telekom baut so etwas mit ihren Triple-play-Diensten über das neue VDSL-Netz auf. Damit wird das Geschäftsmodell eher noch komplexer, denn die Geräte und Inhalte müssen schließlich auch irgendwoher kommen, meinte Gressum.
Außerdem sind Serviceprovider damit automatisch Konkurrenten von Inhalteanbietern wie Apple, Sony und Microsoft, die sich bereits Partnerschaften geschaffen haben. Unter diesen Anbietern herrscht aber auch kein einheitliches Vorgehen, oft nicht einmal in ein und demselben Haus. Bei einem der erfolgreicheren Video-on-Demand-Anbieter, Maxdome mit Partner 1&1, wird beispielsweise überhaupt nicht mehr in Frage gestellt, dass das Digital Rights Management von Microsoft kommt.
Im Gegenteil, es wird auf Info-Sites als eines der Features der Lösung angepriesen. Microsoft-Partner sollen Geräte und Inhalte liefern, was noch viel Feinabstimmung erfordert. Microsoft hat seinen ‘Zune’ gewissermaßen an ihnen vorbei gelauncht. Der MP3-Player des Software-Riesen hat nichts mit der ‘Plays for sure’-Initiative zur Stärkung der iPod-Alternativen am Hut, Microsoft will Zune als proprietäre Gegenveranstaltung zum iPod aufbauen.
Um wie viel mehr müssen sich die Provider als die zentrale Stelle für den IPTV-Aufbau mit dem Thema vertraut machen, welcher Partner für welche Fragen herangezogen wird, beziehungsweise gefragt werden muss. Das gilt im speziellen für Digital Rights Management (DRM). Wenn Gerät und Inhalt beispielsweise proprietär und aufeinander abgestimmt sind, heißt das oftmals, zweimal in die Tasche greifen zu müssen, so der Analyst.
Carl Gressum schiebt die Zeiträume, da IPTV den Markt ernsthaft erreichen wird und Nutzer hat, noch einmal nach hinten. War im Jahr 2003 auf der CeBIT noch bei den Herstellern und Netzbetreibern von einem Start im Jahr 2005 oder 2006 die Rede, so gießt der Ovum-Analyst noch nachträglich Eiswasser auf solch glühende Begeisterung: Nicht vor dem Jahr 2010 sieht er netzwerkfähiges, IP-basiertes TV eine greifbare Realität werden, teilte er jetzt mit. Erst dann sollen Fernseher auf den Markt kommen, die von IT-Geräten wie Speichern und PCs anzusteuern sind.
Bis dahin müssen nicht nur die Pay-TV-Anbieter sich mit Regulatoren auseinandersetzen, und die Serviceprovider mit den Sendern und dem schwer fassbaren Konkurrenten Online-Fernsehen – sei es legal oder illegal. Gressum prognostiziert, dass bis dahin auch die PCs dafür angepasst sind. Das könnte zwar den beliebten Fernseher von seiner zentralen Stelle verdrängen und zu “einem weiteren Gerät im Haus” degradieren, doch aufhalten lasse sich diese Entwicklung nicht. Nur sollten die Ungeduldigen unter den Anbietern und Nutzern nicht im nächsten Jahr mit dem Durchbruch rechnen.