Was taugt die soziale Suche?
Suchmaschinen menscheln seit neuestem ganz gewaltig – schnöde mathematische Formeln sind plötzlich nicht mehr gut genug. Höchste Zeit, sich an den Umgang mit Bookmarks, Frage-Antwort-Spielchen und neuen Communities zu gewöhnen.
Dreh- und Angelpunkt von IQ ist laut Servatius die Community. Indem man kompetenten Nutzern aktiv Fragen vorschlage, werde ein Wissensnetzwerk aufgebaut. “Wir versuchen, das Produkt sehr persönlich zu halten”, so Servatius. Der Service lebe von qualitativ hochwertigen Fragen und Antworten. Dies sei eines der Hauptmerkmale, um sich von der Konkurrenz zu differenzieren.
Umso wichtiger ist es, das Produkt so weit wie möglich vor unsinnigen Fragen und selbsternannten Witzbolden abzuschirmen. Lycos setzt dazu neben einem Bewertungssystem auch etablierte Nutzer ein, die solche Fragen aus dem Angebot löschen. Ein Verfahren, durch das man laut Servatius gleich zwei Fliegen mit einer Klappe schlägt: “Dadurch, dass es Nutzer machen, fällt auf uns kein Zensurverdacht und der Nutzer kann die Plattform nach seinen Vorstellungen gestalten.”
Überdurchschnittliche Bereitschaft, Wissen weiter zu geben
Lycos bietet den Service derzeit in Dänemark, Deutschland, Frankreich, Großbritannien und Schweden – mit 500.000 Unique Usern pro Monat nimmt Deutschland dabei mit Abstand den Spitzenplatz ein.
“Deutsche Nutzer geben überdurchschnittlich viele Antworten”, sagte auch Terry von Bibra, Geschäftsführer von Yahoo Deutschland, im Gespräch mit silicon.de. “Alle die behaupten, ein Service wie ‘Yahoo Clever’ würde nicht dem eher zurückhaltenden Naturell der Deutschen entsprechen, wurden eines Besseren belehrt. Die Deutschen sind ein Volk mit einer überdurchschnittlichen Bereitschaft, ihr Wissen und ihre Erfahrung an andere weiterzugeben.”
Auch für Yahoo hat sich der Service als Mehrwert erwiesen und ähnlich wie bei Lycos sieht man den Grund dafür in der gut funktionierenden Community. Aber auch wenn man über Services wie Mail oder Messenger auf die Fragen und Antworten bei Clever zugreifen kann – eine Integration in den klassischen Web-Search-Bereich gibt es noch nicht. Es gebe zwar Pläne dafür, so von Bibra, konkrete Informationen könne er aber nicht geben. Lycos ist hier bereits einen Schritt voraus und integriert die IQ-Antworten in die klassische Suche.
Von Microsoft gibt es derzeit kein für Deutschland relevantes Angebot – allerdings wurde Mitte vergangenen Jahres der Windows-Live-Dienst ‘QnA’ vorgestellt, der derzeit nur in den USA zur Verfügung steht. Das Prinzip ‘Question and Answer’ steckt in diesem Fall bereits im Produktnamen, ähnlich wie bei den Angeboten der Konkurrenz ist auch hier ein Ranking der Antworten möglich.
Soziale Formel gegen Google
Experten streiten sich, ob Social Search in Zukunft das Instrument sein kann, um die Vormacht Googles zu brechen – in Deutschland bringt es der Suchmaschinenkrösus inzwischen auf einen Marktanteil von satten 90 Prozent. “Die Suche wird nur noch ein Werkzeug sein”, sagt etwa Steve Berkowitz, der seit Mai vergangenen Jahres die Internetsparte von Microsoft führt. “Damit ändert sich auch das Kräfteverhältnis im Internet: Entscheidend wird sein, wer die besten Erlebnisse mit Communities und Inhalten schafft, und nicht mehr wer die beste Suchmaschine hat.”
Andere sagen, neue Technologien allein reichen nicht aus, um die Nutzer von Google wegzulocken. “Die Leute gehen nicht nur zu Google, weil sie dort die besten Suchergebnisse bekommen”, sagt Safa Rashtchy von der Investmentbank Piper Jaffray. “Sie gehen auch dorthin, weil sie Google vertrauen. Eine neue Technologie müsste schon gewaltige Vorteile bieten, um die Anwender von einem Wechsel zu überzeugen. Theoretisch ist das möglich, aber realistisch betrachtet ist es unwahrscheinlich.”
Dennoch wird der Trend langfristige Folgen haben. “Experten sprechen sogar davon, dass sich das Suchverhalten der User angesichts dieser neuen Option, der sozialen Suche, grundsätzlich verändert”, so Yahoo-Deutschlandchef von Bibra. “Die soziale Suche ist langfristig die logische Ergänzung zur algorithmischen Suche.” Anders gesagt: Wer nach Fakten sucht, wird auch in Zukunft mit der algorithmischen Suche gut bedient sein, die soziale Komponente wiederum ist besonders geeignet für die Suche nach Meinungen und persönlichen Einschätzungen.
Doch was bedeutet eigentlich sozial? Das Wort taucht in mehreren Bedeutungen auf, sagt uns Wikipedia. Im Wesentlichen beschreibe es den Versuch, das Wohl anderer im Auge zu behalten, beziehungsweise fürsorglich an die Allgemeinheit zu denken. In anderen Schattierungen bedeute es auch gegenüber Untergebenen großmütig oder leutselig zu sein, gegenüber Unterlegenen ritterlich, gegenüber Gleich- und Nichtgleichgestellten hilfreich, höflich und taktvoll. Auch in diesem Fall gilt also: Klingt einfach – ist es aber nicht.