Services sollen bei der Telekom das Ruder herumreißen

Rene Obermann, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Telekom, erklärte auf dem Internationalen Presse-Kolloquium in Berlin, wie der ehemalige Monopolist durch mehr Services-Orientierung wieder auf Kurs kommen will. Dazu gehört einerseits wieder integrierter zu arbeiten, die strikte Säulentrennung aufzuweichen und als eine einzige “Marke T” erkennbar zu sein. Zum anderen sollen mehr Niederlassungen, T-Punkte, bessere Callcenter-Arbeit sowie konkrete Support-Neuerungen die Abwanderungsrate (Churn Rate) von Kunden stoppen und umdrehen.

“Service und Servicementalität sind entscheidende Bausteine, um das Geschäft vor allem in Deutschland nach vorne zu bringen. Wir wollen die Deutsche Telekom Schritt für Schritt zum Maßstab für Service in der Branche machen”, sagte er. Immerhin liege die Hälfte des Umsatzes konzernweit in Deutschland. Dabei soll Service als ein entscheidendes Element für Kundenakquisition und Kundenbindung ausgebaut werden. Und die Bedürfnisse der unterschiedlichen Kundengruppen, etwa Familien, Studenten oder Handwerksbetriebe, sollen stärker berücksichtigt werden.

Dabei geht es ihm sowohl um konzernintern mehr Servicementalität für den 100.000 Beschäftigte starken Konzern, als auch um besseren Kundenservice. Schließlich, so betonte er, werde die Telekom sich nicht durch billigere Preise vom Wettbewerb abheben können. Dafür will er deutliche Service-Fortschritte machen. Das soll die neue Art der ‘Churn Prevention’ und vor allem der Kundenrückgewinnung sein – ein Feld, das die Telekom bisher weniger stark angegangen war, wie der Manager einräumte.

Dabei werde die Telekom aber nicht der billigste Anbieter in Deutschland werden. “Wir müssen das über die Services machen – Erreichbarkeit, Vertrieb, Dienste und Unterstützung, Support, Vor-Ort-Services – das alles kommt vor neuen technischen Produkten”, bestärkte Timotheus Höttges, T-Com-Vorstand der Deutsche Telekom AG (DTAG).

Dazu gehören Dinge wie ein ‘Service-Abo’. Damit gingen Techniker der DTAG bei konkreten Installationsfragen vor Ort, um auch benachbarte Probleme zu lösen, die zu einem fehlerhaften Leitungsdienst führen können. “Browserprobleme oder Update-Fragen in Bezug auf den DSL-Anschluss oder das IPTV-Angebot werden im Wohnzimmer des Kunden behoben”, umreißt er. Dies läuft derzeit im Pilotprojekt und soll eines Tages sogar mehr Beschäftigung schaffen. Dazu kommt, dass die Techniker – immerhin sind das 26.000 Beschäftigte – nicht mehr als Teil der Technik verstanden werden, sondern jetzt konzernweit ein Teil der Services-Abteilung sind.

Darüber hinaus soll die bisher mangelhafte Erreichbarkeit der Callcenter radikal umgekehrt werden. Auch hier stehen die Zeichen auf besseren Service und mehr Kundenzufriedenheit. Im vergangenen Geschäftsjahr wurden mehr als 5,9 Millionen “Fälle gelöst” – das soll noch mehr werden. Die Tatsache, dass zwei große Callcenter in Cottbus und Suhl laut dem vor exakt einem Jahr veröffentlichten Plan geschlossen wurden, stehe dem aber laut Obermann nicht diametral entgegen.

Die Kürzungen seien “im Namen von mehr Service” vorgenommen worden, so der Manager auf Nachfrage. Gerade sei ein sehr modernes Callcenter in Eschborn bei Frankfurt eröffnet worden, wo Mitarbeiter in ansprechender Atmosphäre viel produktiver als bisher arbeiten sollen. Ferner sollen sie sich auf Kernaufgaben – telefonische Anfragen – konzentrieren und nicht wie bisher Nebenaufgaben miterledigen. Dies soll das Modell für alle Zentren werden. Dafür müssen die Mitarbeiter jedoch mit längeren und flexibleren Arbeitszeiten rechnen – was mehr Kundenorientierung und bessere Erreichbarkeit gewährleisten soll, ohne dass umfangreiche, zusätzliche Personalkosten entstehen.

Näher ran an den Kunden heiße es auch beim Aufbau von 200 neuen T-Punkten, die selbst oder im Franchise-Verfahren arbeiten sollen und unter Einzelhandelsbedingungen berechnet werden. Sie sollen vor allem in ländlichen Bereichen und kleinen Städten entstehen, um den Kunden kürzere Wege zu bieten.

Der Wachstumsmotor für den Konzern liegt schließlich im Privathaushalt. Mit 33 Millionen Privatkunden im Festnetzgeschäft und rund 100 Millionen Mobilfunkkunden betrachtet sich die Deutsche Telekom nach Zahlen als Marktführer. Doch damit das Brot-und-Butter-Geschäft der DTAG auch dort bleibt, will Obermann zusammen mit dem neu aufgestellten Management dafür sorgen, dass die folgende Zahl weniger eine Rolle spielt: Immerhin sind derzeit 70 Prozent der Haushalte inzwischen mit Colocation-Angeboten von Wettbewerbern erreichbar.

Die schlechte Support-Erreichbarkeit, unbefriedigende Termintreue und schlechte Bereitstellungsarbeit sollen so abgeschafft werden. Daneben soll der Kunde, der die vergangenen sieben, acht Jahre mit einer sehr stark getrennt aufgestellten Telekom zu tun hatte, wieder mehr aus einer Hand erhalten und die Vorteile von gebündelten Paketen genießen können.

Zudem werden die Säulen wieder enger verzahnt. Nicht mehr Profit der einzelnen strategischen Geschäftsfelder soll zählen, sondern das, was das Team über bestimmte Bereiche hinweg erreicht – und dies auf jeder Verantwortungsebene. Das ist vielleicht die gravierendste Veränderung, die die Ära Obermann von der seiner Vorgänger Kai-Uwe Ricke und Ron Sommer unterscheidet. “Wir werden um jede Kundin und jeden Kunden kämpfen, nicht zuletzt für sie wollen wir uns ja mit mehr Services etablieren”, nahm sich der neue Telekom-Chef vor.

Silicon-Redaktion

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