Gerade bei den von den Hochschullehrern zuvorderst genannten Innovationsmotoren Informations- und Kommunikationstechnik, Mikro- und Nanotechnologie oder Umwelttechnik hapert und klemmt es gewaltig. Das fängt in der Schule schon an. Vier von fünf Professoren der Elektro- und Informationstechnik attestieren Abiturienten deutliche und zunehmende Defizite in den Fächern Mathematik, Naturwissenschaften, aber auch Deutsch. Diese an der Uni auszugleichen, sei kaum noch möglich, lautet ein Fazit der Hochschulstudie des Verbandes der Elektro- und Informationstechnik, VDE.
Vielleicht, weil sie in naturwissenschaftlichen Fächern in der Schule zu wenig Anreize haben, entscheiden sich viele, auch fähige junge Menschen für andere Studiengänge. Jura und BWL steht bei einigen höher im Kurs. Die meisten Professoren vermuten laut Umfrage, dass Schüler mit diesen Studiengängen mehr gesellschaftliche Anerkennung und höhere Karrierechancen verbinden.
Dabei reihen Deutschlands Hochschullehrer der Elektro- und Informationstechnik die Bundesrepublik unter die ‘Top 3’ der fortschrittlichsten Länder ein. Führend ist die USA. Ein Standortvorteil sei die enge Vernetzung von Industrie und Hochschulen. “Damit erreicht man einen besseren Praxisbezug”, sagte denn auch Wolfgang Splettstößer, Senior Director Human Ressources bei Infineon, bei der Präsentation der Studie.
Der Chiphersteller versucht wie andere Unternehmen heute bereits Schüler für Technik zu interessieren. Mit Projekten wie ‘Invented Chip’, das der VDE zusammen mit Infineon betreibt, sollen Schüler mit der Technik vertraut werden. Auch Schülerwettbewerbe gehören dazu. “Vieles, wenn nicht alles, hängt halt von den Lehrern und der Schule ab”, so Splettstößer. Beeindruckt, weil einfach clever, hat ihn zuletzt eine von den Schülern entwickelte Sockensortiermaschine. Das klinge zwar zuerst komisch, sei aber doch eine technisch ausgereifte Entwicklung.
Die enge Verzahnung zwischen Uni und Wirtschaft führt aber laut der Studie auch dazu, dass junge Absolventen mit Jobs der Industrie in Berührung kommen und sich öfter für eine Karriere in der freien Industrie als in der Forschung entschieden. Der VDE macht dafür unter anderem die ungünstigeren Rahmenbedingungen wie das Gehalt von Hochschullehrern und Wissenschaftler verantwortlich, aber auch, dass die Attraktivität einer Position in der Wirtschaft von vielen als höher angesehen wird als die von Forschung und Lehre.
Bachelor und Master statt Dipl-Ing.
Das endet in einem Teufelskreis. Denn wenn hochqualifizierte Lehrkörper fehlen, sinkt auch das Niveau gut ausgebildeter Nachwuchskräfte. Nach Meinung der insgesamt 1100 befragten Professoren erschwert die Situation auch der so genannte Bologna-Prozess. Mit Bologna soll der Abschluss ‘Diplom-Ingenieur’ durch die Einführung von Bachelor und Master ersetzt werden.
VDE-Präsident Josef Nossek sieht darin mehr Nach- als Vorteile. Die Ausbildung zum Diplom-Ingenieur dauert in Deutschland fünf Jahre. Künftig können Studenten ihren Bachelor- und Master-Titel zusammen in fünf Jahren erlangen. “Wer nur den Bachelor macht, erhält eine Berufsbefähigung bereits nach drei statt wie bisher nach fünf Jahren. Damit muss auch die Qualität sinken”, konstatierte Nossek.
Besser wäre es, von beiden Ausbildungskonzepten die Vorteile nutzbar zu machen. So sind Studenten mit Bachelor und Master flexibler und können einfacher an andere Hochschulen wechseln oder einen Bachelor in Elektrotechnik und einen Master in Wirtschaft machen. Für das deutsche Ingenieurwesen sollte die längere Ausbildungszeit beibehalten werden, forderte Nossek daher.
Immerhin helfe es deutschen Unis, dass einige von ihnen jetzt einen Elite-Status erhalten haben. “Das hat Außenwirkung”, meinte Nossek, weil es den Wert der deutschen Hochschulen hebe und hochqualifizierte Forschungskräfte anlocken werde. Die Exzellenzinitiative, die laut dem Bundesministerium für Forschung und Lehre “Leuchttürme der Wissenschaft in Deutschland entstehen lassen soll, die auch international ausstrahlen”, sei ein guter Anfang, aber noch lange nicht das Ende der Fahnenstange. 1,9 Milliarden Euro sind aber immer noch zu wenig, finden viele.
Eher nüchtern betrachten die betroffenen Fakultäten das 7. EU-Forschungsrahmenprogramm, das über 54 Milliarden Euro bis 2013 in die Forschung stecken will. 88 Prozent erwarten nur eine geringe oder überhaupt keine Wirkung auf das eigene Haus.
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