SAP verliert ihren Kronprinzen

Die Entscheidung habe persönliche Gründe, heißt es in einer Mitteilung aus Walldorf. Agassi will sich in Zukunft für Umweltpolitik und alternative Energien engagieren. Der Konzern nimmt den Abschied Agassis, der immerhin Berater bleibt, zum Anlass, um die Vorstandsetage neu zu strukturieren.

Dabei hatte Hasso Plattner, Aufsichtsratsvorsitzender der SAP und Mitbegründer des Unternehmens, so viel mit Agassi vor. Er sollte erst Co-CEO und dann Nachfolger von Henning Kagermann werden. “Nach dessen Vertragsverlängerung bis 2009 wurde deutlich, dass sich Shai mit einer 10- bis 15-jährigen Bindung an die SAP schwer getan hätte”, so Platter nun.

Der Vorsitzende des Aufsichtsrats hatte Agassi immer gegenüber dem internen Konkurrenten Léo Apotheker favorisiert. Apotheker jedoch ist ein alter SAP-Hase und seit langem in einer verantwortungsvollen Position, das gab einfach mehr Bonuspunkte. Im Gegensatz zu ihm war Agassi immer der Neuling, stieß er doch erst mit dem Verkauf seines Unternehmens Top Tier Software im Jahr 2001 zu SAP. Seit 2002 aber saß er im Vorstand und galt schon früh als Kagermanns Kronprinz. Die Spekulation sei erlaubt, dass Agassi die eigene Besetzung des Chefpostens schlicht zu lange gedauert, und er deshalb jetzt so rasch seinen Hut genommen hat.

Das musste nun auch Platter einsehen, der wusste, dass Agassi bei dem Softwarekonzern nicht ewig bleiben wollte. “Unsere Planung entsprach nicht seiner persönlichen Karriereplanung”. Ein Teil des SAP-Plans war eben auch die Verzögerung bis zum CEO-Posten. Das Unternehmen schätzte die Arbeit Agassis als Technologieexperte und hoffte, dass er die Wartezeit nutze, um seine Ideen für künftige Technologien und Produkte unter dem SAP-Dach weiterzuentwickeln. Dazu kommt es nun nicht mehr.

Möglicherweise störte Agassi auch die Vertragsverlängerung Kagermanns um zwei weitere Jahre. Bei der SAP heißt es intern eigentlich, Manager über 60 erhalten nur noch Ein-Jahres-Verträge. Kagermann feiert im Juli seinen 60. Geburtstag. Die Gefahr, er könne zu einem Konkurrenten wechseln, soll indes nicht bestehen, auch wenn das nicht explizit vertraglich ausgeschlossen worden sei. Das zumindest interpretieren die Analysten von Ovum in eine Bemerkung Platters hinein, Agassi habe einen Wechsel ausgeschlossen.

Dennoch sei der Verlust des Technologieexperten ein herber Schlag. Er habe das Unternehmen angetrieben und unter anderem NetWeaver zu einer der wichtigsten Standbeine im SAP-Konzern gemacht. Die Walldorfer hätten andere Talente mit guten Ideen, dennoch sei ein kleines Stück Begeisterung für SAP-Produkte mit dem Agassi-Abschied mit von Bord gegangen.

SAP ihrerseits ordnet nun die Geschäftsführung neu. Léo Apotheker, President Customer Solutions & Operations und Vorstandsmitglied, wird stellvertretender Vorstandssprecher der SAP. Darüber hinaus soll ein neu gegründetes ‘Executive Council’, das aus den Corporate Officers des Unternehmens besteht, für die Markt- und Produktstrategie verantwortlich sein. Um die Entwicklung der industriespezifischen Lösungen kümmert sich weiterhin Jim Hagemann Snabe.

Silicon-Redaktion

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