Das Management von Intel spricht damit das Problem an, dass Software, wie sie heute geschrieben wird, die Möglichkeiten moderner Hardware nicht ausnützen kann. Borkar forderte die Softwareindustrie auf, die Leistungssteigerungen ihrer Anwendungspakete endlich an das Fortschrittstempo der Prozessorbranche anzupassen.
Nachdem schnellere Mikrochips über Jahrzehnte hinweg die Leistungsfähigkeit aller Desktop-Softwarepakete angekurbelt hatten, prophezeite er nun das baldige Ende dieser Auswirkungen. “Die Software muss sich jetzt an Moore’s Law anpassen, wonach sich alle 18 Monate die Leistung verdoppelt”, forderte Shekhar Borkar. Dabei verwies er auf die Software-Systeme für Server und Supercomputer, die bereits mehrere Arbeitsvorgänge parallel ausführen könnten, und von denen die Desktop-Programmierer lernen sollten.
Allerdings stehe dem ein anderes Gesetz gegenüber. Nach Amdahl’s Law gibt es bei jedem Programm eine natürliche Grenze der Parallelisierung, die nicht verbessert werden kann. Sie kann demnach nur solange von Programmen ausgereizt werden, bis sie auf einen von Natur aus seriellen Prozess stoßen. Für diesen Fall nannte Borkar die Möglichkeit, dass Applikationen mehrere unterschiedliche Prozesse bearbeiten und Systeme mehrere Applikationen handhaben.
Doch so weit ist man im PC-Bereich noch lange nicht. Hier gibt es bislang nur einige wenige Optionen, um die Leistungsfähigkeit von Anwendungen unter Ausnutzung der Prozessortechnologie zu steigern. “Die Software-Industrie darf das Problem der Prozessornutzung nicht weiter ignorieren und einfach wie gewohnt weitermachen”, warnte Borkar.
Auch Microsoft wies kürzlich die Industrie auf die Problematik hin. “Wir stehen gerade vor der größten Programmier-Herausforderung der letzten 20 bis 30 Jahre. Das gesamte Ökosystem des PC-Programmierens muss auf eine neue Ebene gebracht werden, um größere Anwendungen auszuführen und die Leistungsfähigkeit der modernen PCs auszunutzen”, bestätigte Craig Mundie, Leiter der Forschungs- und Strategieabteilung bei Microsoft.
Seiner Ansicht nach muss die nächste Windows-Version fundamental anders sein, um die Möglichkeiten der neuesten Prozessoren besser zu nutzen. Zwar kann das neue Betriebssystem ‘Vista’ bereits mehrere Threads verarbeiten, allerdings nicht 16 – wie die Mikrochips der nächsten Generation. “In 10 bis 15 Jahren werden wir eine unglaubliche Computerpower in jedem Laptop zur Verfügung haben, und die Herausforderung besteht darin, die Fähigkeit der Programme diesem Niveau anzupassen”, erläuterte Ty Carlson, Microsofts Direktor für technische Strategie, die neue Marschrichtung.
Doch der Intel-Manager hält solche vagen Aussagen offenbar für zu schwach. “Microsoft und viele andere wissen von diesem Problem doch schon seit Jahren und haben nie genug unternommen, sondern stets nur geredet”, schimpfte Borkar. Leistungsgewinne seien nicht mehr so rasch zu erzielen wie bisher, wenn die Unternehmen ihre Entwicklungsmechanismen nicht neu ausrichteten. Allerdings setzte er Hoffnungen in den Wettbewerb innerhalb der Industrie und in die Universitäten als Motoren für Innovation.
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