“Wir werden alle gewünschten Details zusammen mit dem bevorstehendem Jahresbericht der US-Börsenaufsicht offen legen”, so Novell-Sprecher Bruce Lowry am Dienstag. Der Bericht wurde von Novell im Zusammenhang mit Ermittlungen wegen dessen Geschäftspraxis mit Aktionenoptionen zurückgehalten und soll jetzt Ende dieses Monats vorliegen.
Diese Einzelheiten werden mit Spannung erwartet, denn sie sind der Knackpunkt in der derzeitigen Kontroverse um die Anerkennung von Microsoft-Patenten an Linux durch Novell. Demnach verzichtet Microsoft darauf, Nutzer von Novells Linux Enterprise Server patentrechtlich zu verklagen. Die Partnerschaft beinhaltet außerdem eine bessere Abstimmung der Directory-Services, Office-Formate und anderer Softwarepakete von beiden Unternehmen.
Novell sieht sich seit der Unterzeichnung einer heftigen Kritik von Open-Source-Vertretern wie Red Hats Anwalt Mark Webbink ausgesetzt, der das Abkommen eine “Beschwichtigungspolitik” nennt. Zudem veranlasste es die Free Software Foundation (FSF) dazu, ihre aktuelle Open-Source-Lizenz zu ändern, um solche Abkommen in Zukunft unmöglich zu machen.
Die Kontroverse wurde noch stärker angeheizt, nachdem Microsoft in einer Mitteilung sagte, dass Linux und andere Open-Source-Software 235 Microsoft-Patente verletzen würden. “Diese Nachricht verärgert und erfreut Novell”, erklärt Justin Steinman, Marketing-Chef bei Novell für Linux. “Einerseits glauben wir nicht an den Nutzen solcher Sprüche. Andererseits können wir aber von Microsofts Säbelrasseln profitieren, da unsere Kunden ja geschützt sind. Im Großen und Ganzen sind wir nicht sehr erfreut und hätten uns einen weniger aggressiven Ton gewünscht. Der finanzielle Effekt für uns ist allerdings bemerkenswert. Microsoft war im ersten Quartal 2007 unser Vertriebskanal Nummer Eins”, stellt Steinman heraus.
Jonathan Corbet, Linux-Kernel-Programmierer und Herausgeber von LWN.net, fühlt sich beleidigt. “Wir sind stolz auf die Qualität der Open-Source-Software, und jetzt kommt Novell daher und behauptet, der Code gehört uns nicht und kann nur vertrieben werden, wenn man an Microsoft einen Ablass zahlt. Ich fühle mich wie ein Dieb. Dieser Vorgang spaltet die Community”, klagt Corbet.
Microsoft wurde bereits mehrfach kritisiert, weil es keine genaueren Angaben zu den 235 verletzten Patenten gemacht hat. Andere wollen es gar nicht so genau wissen. “Als Architekt einer virtuellen Maschine für eine dynamische Programmiersprache will ich gar nicht wissen, welche Codes genau angeblich verletzt wurden. Sonst müssten wir den Rechtsweg einschlagen, und so weit wollen wir gar nicht gehen” sagt Allison Randal, Open-Source-Evangelist für O’Reilly Media und Projektmanager für das Perl-6-Entwicklungsteam.
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