Im Test – Internet-Zensur in China
CNET-Reporter Michael Kanellos hat in China im Internet nach dem Begriff ‘Tiananmen’ gesucht.
Tiananmen ist der Platz des Himmlischen Friedens in Peking, auf dem es im Juni 1989 zu einem Massaker der Polizei an Demonstranten kam.
Die Suchergebnisse, die eine entsprechende Abfrage in China zurückliefert, variieren je nach dem, wo man sich genau befindet. So wurde der Begriff in Englisch in einem Hotelzimmer, in einem Internetcafé, auf Googles chinesischer Seite sowie auf dem chinesischen Suchportal Baidu eingegeben.
Die ersten Trefferanzeigen von Google und Yahoo aus dem Hotelzimmer beinhalten hauptsächlich die Bilder der Proteste im Jahre 1989, vor allem das bekannte Foto eines Mannes vor einem Panzer. Die Links funktionieren fast alle.
In dem Internet-Café direkt gegenüber dem Platz des Himmlischen Friedens erzeugt dieselbe Suche nur zwei Fotos der Proteste. Zum einen den Mann vor dem Panzer und außerdem eines mit verwundeten Demonstranten. Weitere Seiten bleiben leer oder unzugänglich.
Auf Googles chinesischer Webseite wird zwar nichts geblockt, allerdings erscheinen die Ergebnisse abgeändert. Nur eines von hunderten Fotos zu diesem Suchwort zeigt auf Seite 14 ein Bild vom Tag der Proteste. Zu sehen ist das übergroße Konterfei Maos am Eingang zur Verbotenen Stadt. Von den Ausschreitungen selbst sind keine Bilder sichtbar, vielmehr Urlaubsfotos und Aufnahmen von Studenten vor der Großen Halle des Volkes.
Bei Baidu ergibt die Suche nach “Tiananmen” überhaupt keine Bilder von den Ereignissen im Jahre 1989.
Die Suche nach Tiananmen-Videos auf Youtube gestaltete sich im Internetcafé schwierig. Auf weniger populären Videoportalen kann man jedoch einige Filme mit Ausschnitten der Protestaktionen sehen.
Auf den Seiten der BBC ist ein Artikel über den Dalai Lama blockiert, der dazugehörige Audio-Clip kann aber problemlos heruntergeladen werden. Links in der Wikipedia über Tibet und den Dalai Lama sowie die offizielle Seite des Dalai Lama sind nicht zugänglich, dagegen können Webseiten mit Souvenirs des tibetischen Oberhauptes teilweise ungehindert angesteuert werden.
Der einzige Suchbegriff, der jede Suchseite sofort zum Absturz bringt ist ‘Falun Gong’. In der Tat schaltete sich der Server sofort ab, ohne jegliche Links zu geben.
Dieses kleine Experiment deutet an, dass die ‘Große Firewall’ Chinas unerwartet stabil ist. Es enthält dem chinesischen Normalbürger Informationen vor, während es für Ausländer je nach Aufenthaltsort und Sprachkenntnissen Ausnahmen gibt.
Der Test zeigt auch, wie man die Geschichtsschreibung im digitalen Zeitalter beeinflussen kann – denn die Zensur der Informationen vergangener Ereignisse kann dazu führen, dass diese in Zukunft anders bewertet werden.
Auf der anderen Seite werden es die Behörden aufgrund der wachsenden Zahl an Englisch sprechenden Chinesen und den vielen neuen Videoportalen immer schwerer haben, die Inhalte weiterhin klar zu filtern.